Holzminden (sst). „Früher blieb einer Frau nichts anderes übrig, als gut auszusehen, um heiraten zu können. Andernfalls musste man sich im Kloster prostituieren oder Lehrerin werden!“ Genau mit diesem Humor führte vergangenen Mittwoch die Psychologin und Komikerin Vera Deckers aus Köln in der Holzmindener Stadthalle ab 20 Uhr mit dem Thema „Probleme sind auch keine Lösung“ durch den Abend. Diesen Kabarett-Abend veranstaltete das Gleichstellungsbüro des Landkreises Holzminden anlässlich zum Internationalen Weltfrauentag als Abschluss der Frauenaktionswoche. 

Dieser Anlass spiegelte sich auch in den Besuchern wider, denn 95 Prozent der Besucher waren Frauen; als Mann fühlte man sich schon ein bisschen einsam… Dennoch war das Männerklischee durch die Frauen gut vertreten: denn anstelle eines Glasweines oder Sektes hielten zahlreiche Frauen Bierkrüge oder Bierflaschen in der Hand. 

Nach einer kurzen Begrüßung durch Melanie Mohrig-Brümmer in Vertretung als Assistentin der Gleichstellungsbeauftragten Sigrun Brüning stellte sich Vera Drecker nochmal persönlich vor und teilte als Kölnerin ihre ersten Erlebnisse in Holzminden: „Ich bin heute aus Köln angereist und im schönen Weserhotel untergekommen. Um 15 Uhr bin ich dann mal rausgegangen, um mir die Sehenswürdigkeiten anzugucken… um 15.05 Uhr war ich dann auch schon fertig.“ Mit dieser Punktlandung brachte die Kabarettistin das Publikum zustimmend zum Lachen. In ihrem tatsächlichen Programm startete sie ordinär mittels eines kleinen Sketchvideos darüber, was Männer angeblich wollen. Weder das Bier noch das Dekolleté der Frau stellten den Mann zufrieden; erst als die Frau verschwand, war er glücklich. Was hat das wohl zu bedeuten? Derartige Sketchvideos mit einer Dauer von höchstens fünf Minuten fanden immer mal wieder in ihren Monolog zurück, womit sie sich selbst eine Sprechpause gönnte und gleichzeitig die Situation auflockerte. Die Frau wurde dabei immer von Vera Deckers selbst gespielt, während der Mann von Keirut Wenzel verkörpert wurde. 

 Die Hauptthematik war dabei die Kommunikation, mit dem Schwerpunkt auf die Medien, ihre Rückbezüge zur Familie, eine selbstbewusste Einstellung sowie Diskrepanzen zwischen Männern und Frauen. 

Um die Erzählungen der „Kabarettistin zum Kranklachen“ so erlebnisnah wie möglich wiederzugeben, wird nun in die Ich-Perspektive gewechselt: Die sozialen Medien als Kommunikationsmittel gehen mir ganz schön auf den Sack. Immer muss alles gepostet und kommentiert werden. Da geht mein ganzes Wochenende für drauf! Aber was interessiert es mich, wer wo wie mit wem am Strand liegt. Aber für meinen Beruf ist es notwendig geworden, sich mit den digitalen Medien auseinandersetzen, da ansonsten die jüngere Generation nicht mehr erreicht wird. 

Aber wussten Sie, dass wir im Durchschnitt 88-mal auf unser Handy gucken? Das sind alle 18 Minuten. Da hält ja sogar Heroin länger! Daher fällt immer häufiger der Psychologen-Tipp: Man sollte sich mal öfter in die analoge Zone begeben. Das Dixi-Klo ist eine analoge Zone, also ehrlich. Wir schreiben und telefonieren natürlich immer gern über unsere Handys, aber wenn es um wichtige Gespräche geht, sollten wir diese von Angesicht zu Angesicht führen. Denn nur mal als kleinen Fakt nebenbei: reine Worte machen nur sieben Prozent der Aussage aus, der Rest wird immer über Gestik und Mimik vermittelt, was meist über das Handy wenig übertragbar ist. Geht es jedoch um digitale Skills, muss ich gestehen, dass ich da schon ein bisschen neidisch auf die jüngere Generation bin. Dieser Neid ist dann aber auch automatisch mit Stolz verknüpft. Meine Kollegin beispielsweise hat einen zwölfjährigen Sohn, den ich immer um Hilfe bitten könnte. Aber da gucke ich mir ehrlich gesagt lieber ein Tutorial auf YouTube an. Derjenige, der das Erklärvideo durchführt, ist zwar auch zwölf, aber das tut ja nicht zur Sache. Den kenne ich wenigstens nicht… 

Für meine Mutter hingegen gibt es, seitdem sie ein Handy hat, das sie überall mit hinnehmen kann, nur eine wichtige Sache: Telefonieren. Ja, meine Mutter telefoniert sehr gern, hört nur nicht mehr so oft zu. Ich erzähle zum Beispiel darüber, wie krank ich bin und mit Husten im Bett liege und seit Tagen nichts essen konnte, weil es mir so schlecht geht, und das einzige, was sie nach einer halben Stunde erwidert ist „ach Schätzchen, wenigstens geht es dir gut.“ Fühlt man sich schon ein wenig verarscht, oder? Aber noch schlimmer wird es, wenn ich die Gedankensprünge meiner Mutter identifizieren muss: „Wie heißt nochmal diese eine berühmte Schauspielerin?“ Welche meinst du? „Na, die eine, die noch so gut aussieht.“ An dieser Stelle startete Vera Deckers ein interaktives Quiz mit dem Publikum, bei dem die Besucher raten durften, wen die Mutter denn wohl meinen könnte. Nachdem zahlreichen Namen genannt wurden, kam letztlich eine Frau auf die Lösung: Senta Berger! Ich sollte mal Publikumspreise verteilen, wenn jemand auf die Lösung kommt. Eine Sache, die meine Mutter jedoch überhaupt gar nicht kann, ist lügen. Meine Schwester Tina wollte nicht mit zu einer Familienfeier kommen und meinte, wir sollten uns irgendwas einfallen lassen, warum sie nicht mitkommt, sowas wie Durchfall oder Übelkeit. Bei der Feier wurde meine Mutter dann gefragt, warum Tina nicht mit ist, und dann guckt sie mich allen Ernstes an und fragt laut, sodass es jeder hören konnte „Vera, was sollten wir noch mal sagen, was sie hat?“ Typisch, oder? Aber Lügen selbst werden immer als derartig schlecht dargestellt. Dabei sind Lügen vielmehr ein Zeichen von Intelligenz. Sogar Schweine verarschen sich gegenseitig. Dann gibt es auch noch Mütter, die so derartig stolz auf die Ehrlichkeit ihrer Kinder sind. Also, wenn ich Kinder hätte und diese könnten im Alter von vier oder fünf Jahren nicht lügen, dann wären meine Kinder dümmer als ein Schwein. Noch schlimmer sind die Leute, die meinen, immer das zu sagen, was sie denken. Denn die denken dann wohl nicht viel. Um nochmal auf meine Familie zurückzukommen: Ich wollte früher immer gern Geige lernen. Aber meine Eltern meinten, ich muss erst Flöte spielen, um ihnen zu beweisen, dass ich es durchhalte, ein Instrument zu lernen. Als Kind hat mir für diese Situation ein Gegenargument gefehlt; heute würde ich sagen: Papa, wenn du eine Affäre mit deiner Praktikantin willst, dann musst du auch nicht erst mit dem Hausmeister schlafen!  

Ich durfte zwar keine Geige lernen, dafür aber Sport machen. Dazu bin ich bis heute als 51-Jährige verdonnert, weil ich ansonsten Rückenprobleme bekomme. Also gehe ich schlecht gelaunt ins Fitnessstudio, mache schlecht gelaunt meine Übungen und gehe auch schlecht gelaunt wieder nach Hause. Am schlimmsten ist es dann, wenn ich diese gut gelaunten Sportler treffe, die immer lächeln, während sie Liegestütze machen. Mal ganz ehrlich, das ist doch nicht mehr normal… wenn ich das versuchen würde, würde ich mit Verdacht auf Schlaganfall ins nächste Krankenhaus eingeliefert werden! Freunde von mir haben sich sogar in einem Bootcamp, also einer Art hartem Trainingslager, angemeldet, wo sie den ganzen Tag nur übermotiviert angeschrien werden, um Sport zu machen. Also, wenn ich angeschrien werden will, trinke ich einfach das letzte Bier aus dem Kühlschrank aus. 

Das Thema Ernährung geht auch sehr stark mit Sport einher. Jeder von euch kennt doch bestimmt diesen grünen Smoothie aus Blattspinat, Rucola oder Salat. Dieses Getränk wurde von einer Frau erfunden. Natürlich, was denn auch sonst. Stellt euch mal die Situation bei Männern vor: „Ey Thomas, wollen wir uns knackige Würstchen grillen? - Ne lass mal, ich hab uns einen Salat püriert!“ Wird es niemals gegeben haben. Zu meinem Essensverhalten muss ich gestehen, dass ich dieses Jahr eigentlich Vegetarierin werden wollte, ich habe es aber einfach vergessen… Jetzt schreibe ich unter jedes vegetarische Rezept bei Chefkoch, dass ich noch Hackfleisch dazu getan habe und es dann erst richtig lecker wurde. 

Aber nicht nur im Essensverhalten gibt es Unterschiede zwischen Männern und Frauen, sondern vor allem auch in der Kommunikation. Männer schreiben Erfolge sich selbst zu und Misserfolge der Situation; Frauen machen das genau andersrum. Das liegt daran, dass Männer meist selbstbewusster auftreten als Frauen, da Frauen bescheidener erzogen werden. Jungs dürfen beispielsweise nicht weinen, während Mädchen nicht aggressiv werden sollen. Diese versteckte Aggressivität drückt sich dann letztendlich in der Sprache anderen Frauen gegenüber aus, was sich meist auf das Aussehen bezieht: Die hat aber einen schönen Rock an, das hätte ich mir mit ihrem Hintern nicht getraut. Das ist aber eine schöne Bluse, wenn sie wieder modern ist, hat sie schon.“ Männern gegenüber ist das Ziel der Gespräche von Frauen die Harmonie, wohingegen Männer die Sprache benutzen, um ihren Status zu verdeutlichen. Wenn sich eine Frau beispielsweise mit einem Alpha-Männchen unterhält, der über sein Haus, sein Auto, sein Geld erzählt, denkt sie „irgendwann fragt er mich bestimmt auch mal was…“. Der Mann hingegen denkt „wer was erzählen will, ergreift das Wort“. Darin besteht also schonmal ein Grundkonflikt zwischen Frauen und Männern, in der Kommunikation der unterschiedlichen Erziehung verschuldet. 

Dies spiegelt sich auch bei den typischen Fragen „wie war dein Tag“, „wie war's bei der Arbeit“ oder „was denkst du gerade“ wider. Während Frauen hinterfragen, was sich hinter der Antwort verbergen könnte, die entweder „gut“ oder „nichts“ lautet, geben sich Männer mit der Antwort der Frauen immer zufrieden, was sie jedes Mal aufs Neue bitter bereuen. Man sind Männer kompliziert… 

Um die Kommunikation zwischen Männern und Frauen nochmal vertiefend darzustellen, nutzte Vera Deckers erneut eine Interaktivität. Aus dem Publikum trat ein Mann zu ihr auf die Bühne und sie stellten einen Parteitag der CDU/CSU nach, bei dem Angela Merkel vom Redner die Wange getätschelt wurde. Vera Deckers drehte die Situation um, indem sie als Rednerin dem Parteivorsitzenden aus dem Publikum die Wange tätschelte. 

Wie sollte Angela Merkel in dieser Situation handeln? Am besten ist es immer, auf Dominanzgesten mit Humor zu reagieren. Ein Beispiel wäre „ich wusste gar nicht, dass wir uns so nahe stehen ;)“ oder „Danke Papa!“.

Es gibt aber nicht nur gute Kontersprüche, sondern auch sehr bemerkenswerte Kommentare, die ich im Internet gefunden habe, mit denen ich das heutige Programm zur Kommunikation schließen möchte, zumal wir mit dem Thema Medien auch begonnen haben: Der Strand war zu sandig; es sind zu viele Ausländer im Ausland; immer dieselben Gesichter auf der Kreuzfahrt; oben ohne Baden sollte verboten werden, weil mein Mann sich nicht einmal entspannen konnte. 

Wenn ihr nichts Wichtiges zu sagen habt, dann seid doch bitte einfach mal still. Danke. Unter großem Beifall und viel Applaus verbeugte sich die Psychologin. Melanie Mohrig-Brümmer überreichte Vera Deckers mit Freude einen großen Blumenstrauß. Die Art und Weise, mit wie viel Humor, Ironie und Witz die Psychologin die Veranstaltung präsentiert hat, brachte das ganze Publikum dauerhaft zum Lachen. Ihre lockere und sympathische Art traf auf viel Zuspruch. „Das Programm ist sehr erfrischend und aus dem Alltag aktuell gewählt, die Sketsche sind richtig gut und es ist einfach verdammt lustig!“, berichten einige Zuschauer begeistert. „Bei diesem Beifall kann ich nicht anders: Holzminden, ich komme wieder!“, verabschiedete sich Vera Deckers von Holzminden. Wollen wir mal hoffen, dass sie ihr Wort hält.