Eschershausen (lbr). Der anhaltende Lehrkräftemangel an den Schulenspitzt sich weiter zu – und wird durch die aktuelle Schulpolitik der Landesregierung noch verschärft. So auch im Landkreis Holzminden: Zwei ehemalige Aushilfskräfte der Haupt- und Realschule Eschershausen melden sich nun zu Wort, die trotz des dringenden Bedarfes nicht weiterbeschäftigt wurden.
Langjähriger Physik-Vertretungslehrer nicht weiterbeschäftigt
Fast zwölf Jahre lang unterrichtete Jens Baumert als Vertretungslehrkraft das Fach Physik an der HRS Eschershausen. Hauptberuflich als freischaffender Ingenieur tätig, hatte er 2006 auf Bitten der damaligen Schulleitung seine Lehrtätigkeit aufgenommen und war seit 2012 fest in den Schulalltag eingebunden. Trotz einer alarmierend niedrigen Unterrichtsversorgung von nur etwa 80 Prozent wurde sein Vertrag im Januar dieses Jahres nicht verlängert. Auch ein weiterer Versuch der Schule, Baumert zum Winterhalbjahr erneut einzustellen, scheiterte. „Für mich persönlich war dies kein Problem, da ich meinen Lebensunterhalt in anderen Bereichen bestreite“, erklärt Baumert und ergänzt: „Man muss sich jedoch wundern, wie in Hannover mit der derzeitigen Situation umgegangen wird. Die verfehlte Schulpolitik wird hier auf dem Rücken der nächsten Generation ausgetragen. Der Wohlstand Deutschlands ist größtenteils auf dem Vermögen in unseren Köpfen begründet – und hier sieht es für die Zukunft düster aus.“
Besonders bedauere er die Situation der Lehrkräfte an den weiterführenden Schulen, die durch zahlreiche Abordnungen an Grundschulen und die zusätzlichen Aufgaben im Zusammenhang mit Inklusion stark belastet seien.
Ehrenamt statt Vertrag: DAZ-Lehrkraft unterrichtet weiter
Auch Indra Roschewitz machte ähnliche Erfahrungen. Sie unterrichtete über drei Jahre hinweg als Aushilfskraft im Bereich „Deutsch als Zweitsprache“ (DAZ) an der HRS Eschershausen. Trotz weiterhin bestehendem Bedarf wurde auch ihr Vertrag nicht verlängert. Da ihr das Wohl der Schülerinnen und Schüler jedoch so sehr am Herzen liegt, setze sie ihren Unterricht nun ehrenamtlich fort.
Elternratsvorsitzender fordert mehr Handlungsspielraum für Schulen
Unterstützung erhalten die ehemaligen Lehrkräfte vom Elternratsvorsitzenden Oliver Zwickert. Er betont, dass Aushilfskräfte in Zeiten großen Fachkräftemangels einen wichtigen Beitrag zur Sicherstellung des Unterrichts leisteten. „Für Aushilfskräfte können nicht dieselben Anforderungen gelten wie für ausgebildete Lehrkräfte. Sie können den Schulalltag bereichern. Ob eine Aushilfskraft den übertragenen Aufgaben gewachsen ist, sollte die Schulleitung vor Ort entscheiden dürfen. Starre Vorgaben helfen hier nicht weiter“, appelliert Zwickert.
Er fordert daher ein „freies Budget“, mit dem Schulen selbstständig Honorarkräfte engagieren können. Angesichts der aktuellen Situation sei nicht davon auszugehen, dass in absehbarer Zeit genügend ausgebildete Lehrkräfte zur Verfügung stünden. In Eschershausen hoffe man nun, dass Kultusministerin Julia Hamburg die bürokratischen Entscheidungen wieder korrigiere und die vorhandenen Möglichkeiten zur Verbesserung der Unterrichtsversorgung nutzt -nicht für die Aushilfskräfte, sondern zum Wohle der Schülerinnen und Schüler.
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