Landkreis Holzminden (lbr). Im April 2025 führte die Wirtschaftsförderung des Landkreises Holzminden eine umfassende Unternehmensumfrage durch. 150 Betriebe aus unterschiedlichsten Branchen wurden kontaktiert, 72 nahmen teil und gaben Rückmeldung zu ihrer wirtschaftlichen Lage, Zukunftsperspektiven, der Zusammenarbeit mit der Verwaltung und den allgemeinen Standortbedingungen.
„Wir müssen wissen, wo unsere Unternehmen die Probleme sehen“
Ziel der Befragung war es, aktuelle Herausforderungen zu identifizieren sowie die technische und soziale Infrastruktur im Landkreis aus Sicht der Wirtschaft zu bewerten. „Für uns ist solch ein Feedback enorm wichtig. Wir müssen wissen, wo unsere Unternehmen die Probleme sehen, um sie anzupacken. Und es ist für uns genauso wichtig, eine Einschätzung unserer Arbeit zu erhalten, um noch besser mit der Wirtschaft zusammenarbeiten zu können“, erklärt Landrat Michael Schünemann.
Wachstumsperspektiven: Verhaltener Optimismus
40 Unternehmen blickten laut Umfrage positiv in die Zukunft, 14 äußerten sich pessimistisch, 18 zeigten sich unentschlossen.
Starke Identifikation, schwaches Image
Zwei Drittel der befragten Unternehmen fühlen sich mit der Region stark verbunden. Das Image und die Zukunftsfähigkeit des Landkreises wurden jedoch überwiegend als mäßig bis schlecht eingestuft.
Infrastruktur im Fokus der Kritik
Die Bewertung der technischen Standortfaktoren fiel verhalten aus: Besonders die Qualität des mobilen Internets, die überregionale Verkehrsanbindung sowie der öffentliche Nah- und Fernverkehr wurden als unzureichend kritisiert. Gleichzeitig betonten die Unternehmen die große Bedeutung dieser Faktoren für ihre Standortsicherung.
Auch die soziale Infrastruktur schnitt gemischt ab: Kinderbetreuung: sehr wichtig, aber nur befriedigend bewertet
- Bildung/Weiterbildung: ähnliche Einschätzung
- Gesundheit: deutliche Kritik im Zusammenhang mit der Schließung des Krankenhauses
- Hotellerie und Gastronomie: unzureichendes Angebot zur Mittagszeit
- Wohnen und Nahversorgung: durchschnittlich, mit Defiziten bei Fachgeschäften Im Bereich Gesundheit hob Landrat Michael Schünemann die positive Entwicklung des MVZ im ehemaligen Krankenhaus hervor. Dieses Projekt entwickle sich stetig weiter und leiste einen enormen Beitrag zur Gesundheitsversorgung.
Fachkräftemangel bleibt zentrale Herausforderung
Die Arbeits- und Fachkräftesituation wurde überwiegend negativ bewertet. Mehr als die Hälfte der Unternehmen sucht aktuell Personal. Der demografische Wandel sei laut den Rückmeldungen bereits deutlich spürbar. Als Chance wurden arbeitsmarktpolitische Projekte wie „mehrWert“, die „Koordinierungsstelle Frau und Wirtschaft“, „Adelante“ sowie der „Tag der offenen Betriebstür“ benannt.
Verwaltung und Wirtschaftsförderung überwiegend positiv
Die Unternehmen bescheinigten der Verwaltung in vielen Punkten gute bis befriedigende Leistungen:
- Erreichbarkeit & Website: gut bis befriedigend
- Kundenorientierung & Auskünfte: überwiegend gut
- Terminvergabe: durchschnittlich
Positiv hervorgehoben wurden hingegen die örtliche Erreichbarkeit der Verwaltung sowie die fachliche Kompetenz der Mitarbeitenden, die mit der Note 2,7 bewertet wurden.
- Wirtschaftsförderung (z. B. bei Gründungen oder Bestandspflege): über 50 % mit gut bis sehr gut
„Besonders die Zusammenarbeit mit der Wirtschaftsförderung wurde von den Unternehmen als äußerst positiv bewertet. Das Team leistet eine super Arbeit“, lobt Landrat Schünemann.
Kritik an Bürokratie und Formularverständlichkeit
Deutliche Kritik gab es an der Verständlichkeit von Formularen (Note 3,8) sowie der Transparenz von Verwaltungsverfahren (Note 3,7). Kreisbaurat Ralf Buberti betont: „Diese Kritik zeigt, wie wichtig ein Abbau der Bürokratie ist.“ Er verweist beispielhaft auf die Niedersächsische Bauordnung, deren Umfang sich in den vergangenen Jahren mehr als verdreifacht habe.
Fazit: Chancen trotz Unsicherheiten
Der Landkreis zieht ein gemischtes Fazit der Umfrage. Die Stimmung unter den Unternehmen sei angesichts unsicherer Zeiten insgesamt verhalten, jedoch nicht durchweg negativ. Viele Betriebe bekennen sich klar zur Region, sehen jedoch deutlichen Verbesserungsbedarf bei zentralen Standortfaktoren. Verwaltungsvorgänge müssten aus Sicht der Unternehmen künftig verständlicher gestaltet und stärker digitalisiert werden. Gleichzeitig wird die Belebung des regionalen Arbeitsmarktes als elementare Aufgabe betrachtet. Die Wirtschaftsförderung nehme dabei eine wichtige Rolle als verbindendes Element zwischen Verwaltung und Wirtschaft ein. Die Kreisverwaltung appelliert daher an die Unternehmen, noch intensiver den Kontakt zur Wirtschaftsförderung zu suchen und die bestehenden Angebote zu nutzen.