Holzminden/Hannover (red). Der Rückgang von Insektenarten ist eine globale Herausforderung – doch im Landkreis Holzminden wird aktiv gegengesteuert. Eine aktuelle Studie des Niedersächsischen Landesbetriebs für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz (NLWKN) zeigt, wie durch gezielte Bewirtschaftungsmaßnahmen gefährdete Arten geschützt und Lebensräume gesichert werden können. Holzminden nimmt dabei eine zentrale Rolle ein.
Anlässlich des Tages der Biodiversität am 22. Mai rückt der Schutz von Arten und ihren Lebensräumen wieder in den Fokus. Insekten wie Schmetterlinge, Heuschrecken oder Widderchen sind unverzichtbare Bausteine des Ökosystems – und zugleich besonders bedroht.
Holzminden im Zentrum der Forschung
Zwischen 2022 und 2024 untersuchte der NLWKN in den Landkreisen Holzminden und Hildesheim gezielt landeseigene Naturschutzflächen. Im Fokus: das Zusammenspiel zwischen landwirtschaftlicher Nutzung und dem Bestand ausgewählter Insektenarten. Besonders im Raum Holzminden – darunter die Ithwiesen, der nördliche Burgberg und die Rühler Schweiz – wurden zentrale Erkenntnisse gewonnen.
„Der Vergleich von intensiv und extensiv genutzten Flächen hat uns wertvolle Hinweise gegeben“, erklärte Heike Wellmann vom NLWKN-Fachbereich Naturschutz in Hannover. Auf dieser Basis wurden Maßnahmen zur Bewirtschaftung von 74 Schutzflächen entwickelt, mit dem Ziel, Lebensräume speziell im Landkreis Holzminden gezielt zu verbessern.
Vom Ei bis zum Falter – sensible Lebenszyklen
Die Untersuchungen konzentrierten sich auf Tagfalter, Widderchen und Heuschrecken. Etwa 50 Tagfalter- und Widderchenarten, zehn tagaktive Nachtfalter sowie 19 Heuschreckenarten wurden dokumentiert. Darunter auch der stark gefährdete Kreuzenzian-Ameisenbläuling, der im Jahr 2024 mit fünf Individuen und rund 65 Eiern am Burgberg bei Holzminden nachgewiesen wurde – ein ökologisch hochsensibler Fund.
Seine Entwicklung ist eng mit dem Kreuzenzian und speziellen Knotenameisen verknüpft. Die Larven täuschen im Ameisennest deren Nachwuchs vor und werden dort mitversorgt – ein fein abgestimmtes Zusammenspiel, das durch falsche Eingriffe leicht zerstört werden kann.
Artenschutz beginnt auf der Wiese
Ein weiteres Beispiel ist der Rostfarbige Dickkopffalter, dessen letzte Rückzugsräume sich ebenfalls im Landkreis Holzminden befinden. Trotz seiner Anpassungsfähigkeit konnte er 2024 nur achtmal nachgewiesen werden. Frühzeitiges Mähen bedroht seinen gesamten Lebenszyklus, da seine Raupen in zusammengefalteten Gräsern überwintern.
„Gerade in Holzminden zeigt sich, wie wichtig eine gezielte, angepasste Pflege ist“, betont Wellmann. „Die Region bietet einzigartige Voraussetzungen – wenn richtig bewirtschaftet wird.“
Zusammenarbeit mit Landwirten in Holzminden als Erfolgsmodell
Die Ergebnisse der Studie machen deutlich: Der Schutz gefährdeter Insekten gelingt nur gemeinsam mit der Landwirtschaft. Holzmindener Landwirte sind bereits Teil der Lösung – viele von ihnen setzen auf angepasste Nutzung und naturnahe Pflege.
„Wir sehen hier im Landkreis Holzminden, wie durch Zusammenarbeit echte Erfolge im Insektenschutz möglich sind“, so Wellmann. Die Erkenntnisse aus der Region sollen nun als Blaupause für ganz Niedersachsen dienen – und damit Holzminden eine Vorreiterrolle im praktischen Artenschutz sichern.
Foto: Dr. Matthias Lohr