Die Digitalisierung durchdringt alle Lebensbereiche. Sich dem zu entziehen, ist kaum möglich. Das stellt Arbeitnehmer/innen wie Unternehmen vor die Herausforderung, die neuen Entwicklungen zu verstehen, für sich zu nutzen und im besten Fall mit zu gestalten. Menschen dazu zu befähigen, ist das Ziel von Dr. Lars Weber. Der 43-Jährige übernahm am 1. September im Bachelorstudiengang Betriebswirtschaft berufsbegleitend an der HAWK in Holzminden eine neue Professur für Allgemeine Betriebswirtschaftslehre mit dem Schwerpunkt Digitalisierung.
„Für mich bedeutet Digitalisierung mehr als IT, sondern vielmehr das Verschmelzen von Business und IT“, erklärt Lars Weber. Er arbeitet seit Jahren im Bereich IT-Strategie und -Prozesse. „Ein Hochschulstudium muss die Studierenden auf die neuen Herausforderungen in unserer heutigen, sich schnell verändernden Zeit optimal vorbereiten, sonst läuft man Gefahr, der komplexen Entwicklung unserer Welt immer hinterherzulaufen. Die Absolventinnen und Absolventen müssen in der Lage sein, Problemstellungen zu verstehen und die richtigen Methoden zur Lösung anzuwenden.“ Dazu gehöre neben den klassischen Fächern der Betriebswirtschaftslehre wie Strategie, Marketing oder Personalwirtschaft zukünftig auch eine viel stärkere IT- und Methodenkompetenz.
Zusammenspiel von BWL und IT
Die Verknüpfung von BWL und IT begleitet Lars Weber durch sein gesamtes Berufsleben. Nach einer Ausbildung zum Bankkaufmann studierte er BWL an der TU Dresden. In seiner volkswirtschaftlichen Dissertation beschäftigte er sich mit dem demografischen Wandel und dem Wirtschaftswachstum in Verbindung mit systemdynamischem Denken (Systems Thinking). Diese Sichtweise nutzt er auch in seiner eigenen Firma simthemis, um beispielsweise Simulationen für wohnungswirtschaftliche Unternehmen zu entwickeln. „Diese Modelle erlauben es, aus Verhaltensmustern der Gegenwart Ableitungen auf mögliche Trends in der Zukunft zu ziehen“, erläutert er. „Daraus können Unternehmer konkrete Handlungsempfehlungen ableiten, zum Beispiel für ihre strategische Ausrichtung oder Investitionen.“
Der akademischen Ausbildung blieb der zweifache Familienvater nach seiner Promotion immer verbunden, etwa durch Lehrtätigkeiten oder die Geschäftsstellenleitung der Hochschule für Berufstätige (FOM) in Leipzig. Zuletzt war er als Gruppenleiter für IT-Produktionsprozesse bei der NORD/LB tätig. An der HAWK ist er bereits seit dem Wintersemester 2018/19 als Lehrbeauftragter beschäftigt. Mit der Professur schließe sich für ihn der Kreis: „Menschen für etwas zu begeistern, ihnen Wissen zu vermitteln, das sie in ihrem Berufsleben anwenden können, und der intellektuelle Austausch reizen mich dabei sehr.“
Fachwissen und Methodenkompetenz
Dabei gehe es nicht nur darum, nur Wissen weiterzugeben. Das sei bloß die erste Stufe: „Das Erlernte zu verstehen, anzuwenden und schließlich zu beurteilen, sind die nächsten und wichtigeren Schritte. Dafür müssen die Studierenden die passenden Methoden kennen und nutzen können.“
Um die zu vermitteln und zu festigen, geht Lars Weber auch mal ungewöhnliche Wege: „Im Sommersemester zum Beispiel haben die Studierenden im Fach Wirtschaftsinformatik II eine Poster-Session als Prüfungsleistung abgehalten.“ Jeder Student und jede Studentin hatte die Aufgabe, ein frei wählbares Problem aus ihrem Interessengebiet zu definieren, es zu strukturieren und ein passendes Modell zu erstellen, um Erkenntnisse zu generieren und zu transferieren – ähnlich wie auf wissenschaftlichen Tagungen. Ihre Problemstellung, Vorgehensweise und Ergebnisse präsentierten die Studierenden vor ihren Kommilitoninnen und Kommilitonen und tauschten sich im Anschluss mit ihnen aus. Die Rückmeldungen zu dieser Prüfungsform seien durchweg positiv gewesen: „Die Studierenden gaben an, es sei viel Arbeit auf unbekanntem Terrain gewesen, aber sie hätten sehr viel gelernt und für ihr Berufsleben mitnehmen können. Und was genauso wichtig ist: Es habe sogar Spaß gemacht.“
Für Lars Weber entwickelt sich gute Praxis aus guter Theorie. Entsprechend der Denomination wird sich sein Wirkungsfeld um alle Fragen der Digitalisierung und deren Anwendung drehen. Dabei geht es neben klassischen IT-technischen Herausforderungen auch um die Perspektive „Digitalisierung als Gesellschaftstrend“. Die Themen um den demografischen Wandel finden dabei ebenso Eingang, wie die Methodenkompetenz im Gebiet Systems Thinking/System Dynamics.
Der Studiengang Betriebswirtschaft berufsbegleitend vermittelt nicht nur auf inhaltlicher Ebene das Thema Digitalisierung, sondern wendet es durch sein Blended Learning-Konzept auch praktisch an. Er kombiniert Online-Lehre mit Präsenzanteilen am Studienort Holzminden. Die wöchentlichen Vorlesungen finden über eine interaktive Lernplattform statt und werden aufgezeichnet, sodass sie auch nach dem regulären Veranstaltungstermin abgerufen werden können. Diese zeitliche und räumliche Flexibilität, gepaart mit regelmäßigem persönlichem Austausch sei eine moderne Art des zukünftigen Lernens, so Lars Weber: „Gerade für Berufstätige ist erfolgreiches lebenslanges Lernen anders kaum möglich.“
Foto: HAWk