Bevern (r). Seit Mai letzten Jahres ist das Kulturzentrum Weserrenaissance Schloss Bevern der 34. Standort der frauenORTE Niedersachsen. Im letzten dreiviertel Jahr ist dort seitdem in einer Vielzahl von Veranstaltungen an die deutsch-jüdische Landärztin Dr. Paula Tobias (1886-1970) gedacht worden, die sich in Kreiensen, Delligsen und schließlich Bevern unermüdlich als Landärztin engagiert hatte, um dann von den Nationalsozialisten ausgegrenzt und zur Emigration gezwungen zu werden. Ab dem 11. März nun widmet sich eine Dauerausstellung dem Thema. Es ist die erste an einem niedersächsischen frauenORT überhaupt und wird zu Beginn gleich von einer Wanderausstellung über die niedersächsischen frauenORTE insgesamt begleitet.
Die Initiative frauenORTE des Landesfrauenrates hat sich zum Ziel gesetzt, die Geschichte von Frauen in Erinnerung zu bringen, die ihre Lebensorte in besonderer Weise geprägt haben. Dr. Paula Tobias passte in diesen Zusammenhang besonders gut zu dieser Initiative, weil sie nicht nur die erste Landärztin im damaligen Braunschweiger Land war, sondern auch die erste Mütterberatung in der Region gegründet hatte. Die am Sonntag um 11 Uhr in der Schlosskapelle feierlich eröffnende Präsentation über Tobias´ Leben und Wirken, bei der zahlreiche Gäste aus ganz Niedersachsen erwartet werden, ist allerdings ein Novum. Zum ersten Mal ist es gelungen, an einem niedersächsischen frauenORT die Erinnerung an eine historisch wichtige Frau mithilfe einer ständigen Ausstellung aufrechtzuerhalten.
Die Dauerausstellung „Paula Tobias: Auf den Spuren der ersten Landärztin im Braunschweiger Land“ soll zudem auch Auskunft über die berufliche Qualifikation von Frauen und deren Leben auf dem Land vor 100 Jahren geben sowie die Ausgrenzung und Verfolgung durch die Nationalsozialisten beispielhaft dokumentieren.
Darüber hinaus informiert bis zum 4. April eine weitere Ausstellung über alle anderen historischen Frauenpersönlichkeiten, die auf politischem, kulturellem, sozialem wirtschaftlichem und wissenschaftlichen Gebiet Besonderes vollbrachten und bisher im Rahmen der niedersächsischen Frauenratsinitiative stärker wieder in Erinnerung gebracht werden sollen. Dazu gehören etwa die für die Reformation in Südniedersachsen eminent wichtige braunschweig-lüneburgische Herzogin Elisabeth von Calenberg (1510-1558) oder auch die als erste deutsche Dichterin geltende Roswitha von Gandersheim (935-975). Die Wanderausstellung „frauenORTE Niedersachsen – 1000 Jahre Frauengeschichte“ dürfte damit für alle Besucher eine spannende Ergänzung zur Paula Tobias-Ausstellung darstellen und einen faszinierenden Blick auf eine jahrhundertelang nur wenig berücksichtigte Frauengeschichte werfen.
Als Doppelausstellung können beide Präsentationen samstags und sonntags von 10 bis 17 Uhr besucht werden (für Gruppen auf Anfrage), die Ausstellung zu Paula Tobias steht den Besuchern zu diesen Zeiten dann auch nach dem 4. April zur Verfügung. Der Eintritt ist frei.
Gleich am Mittwoch, den 14. März, folgt übrigens schon die nächste Veranstaltung zum frauenORT Paula Tobias. Judith Labs vom Projekt HAWK open referiert um 20 Uhr in der Schlosskapelle zum Thema „Jung – gebildet – weiblich: Wege von Frauen aus dem Nahen Osten nach und in Deutschland“. Vor Vortragsbeginn ist an diesem Tag die Doppelausstellung „Paula Tobias“ und „frauenORTE Niedersachsen“ durchgehend ab 17 Uhr geöffnet, so dass sich der Besuch beider Programmangebote gut verbinden lässt.
Weitere Informationen zu den Besuchsangeboten am frauenORT Paula Tobias und den Veranstaltungen im Kulturzentrum Weserrenaissance Schloss Bevern: www.schloss-bevern.de. Informationen zum Netzwerk frauenORTE Niedersachsen: www.frauenorte-niedersachsen.de.
Foto: Landkreis