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Dienstag, 26. November 2024 Mediadaten Fankurve
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Bad Karlshafen (red). Die Bürgerinitiative Lebenswertes Bördeland und Diemeltal bat anlässlich der bevorstehenden Landtagswahl in Hessen Kandidaten von CDU, Grünen, SPD, FDP und Linken zu einer Podiumsdiskussion nach Bad Karlshafen.

Zentrales Thema war das umstrittene Atomlager, dessen grundsätzliche Notwendigkeit zur Beschickung von Schacht Konrad im 135 km entfernten Salzgitter vom federführenden Bundesumweltministerium bis heute nicht nachgewiesen werden konnte. Von Bürgermeister Dittrich und dem Vorsitzenden der BI, Josef Jacobi begrüßt, versammelten sich zahlreiche Bürger und Bürgerinnen aus den 3 angrenzenden Bundesländern im Landgrafensaal des Rathauses, um die Standpunkte der Kandidaten zu dem für die Zukunft der Region schicksalhaften Thema zu hören.

Elementare Mängel im Standortauswahlverfahren

BI Mitglied Edith Götz gab als Diskussionsgrundlage einen Rückblick über Entscheidungen, die der Projektplanung vorausgegangen waren. Sie erinnerte daran, dass der Standort Würgassen das Ergebnis eines politisch motivierten Auswahlverfahrens sei mit dem Ziel, ein Bereitstellungslager von der Region Salzgitter und Niedersachsen „wegzuschieben“ und erläuterte elementare Mängel des Scoringverfahrens mit fehlerhaften und intransparenten Kriterien ohne jeglichen wissenschaftlichen Review.

Die ESK liefere zudem als "Begründung" das Ziel, andere Zwischenlager schnellstmöglich nach Würgassen zu leeren, um dort anstehende Genehmigungsverlängerungen zu umgehen. Dies widerspreche grundlegend dem behaupteten Zweck eines „Bereitstellungslagers“ und lasse vielmehr ein unendliches atomares Bundeszwischenlager ohne Genehmigung befürchten, so Edith Götz.

Geologischer Sachverständiger kritisiert Entsorgungskommission

Ergänzend dazu übte Dr. Claus Schubert in seinen Ausführungen scharfe Kritik am Umgang der ESK mit den belegten hydrologischen und geologischen Standortrisiken, wobei die ESK ihre selbst aufgestellten und als zwingend bezeichneten Kriterien zur Standortauswahl nachträglich politisch motiviert einfach "kassiere". "Mit dem Ignorieren der eigenen Kriterien stellt die ESK aber die grundsätzliche Glaubwürdigkeit des gesamten Gremiums in Frage. Das erschüttert das Vertrauen in die Demokratie und auf rechtsstaatliches Handeln,“ so Schubert.

Bohrkernverlust alter Proben belegen fahrlässige Standortwahl für Atomkraftwerk

Alte Proben vom Gelände wiesen eindeutig einen „Bohrkernverlust“ auf, der mit dem Befund einer Dolinenfüllung auf Subrosion hindeute und erhebliche Gefahren für die Stabilität von Bauwerken darstelle. Insbesondere in hochwassergefährdeten Gebieten könne dies zu schwerwiegenden Schäden führen. „An diesem Standort hätte schon damals nie ein Atomkraftwerk errichtet werden dürfen,“ so Schubert.
Das Risiko definiere sich aus Eintrittswahrscheinlichkeit mal potenzieller Schadenshöhe. Obwohl die Eintrittswahrscheinlichkeit von Subrosion oder Erdfällen relativ gering aber keineswegs ausgeschlossen sei, sei das Risiko aufgrund der unabsehbaren Folgen für Mensch und Umwelt als unendlich zu bewerten, so Schubert.


Die präsentierten Informationen waren für einige der Teilnehmer neu, verdeutlichten aber auch den Kandidaten zum einen die Notwendigkeit eines kritischen Blicks auf dieses Verfahren, gleichzeitig aber auch den dringenden Handlungsbedarf aller Ebenen der politischen Vertreter der Region.

In der anschließenden Diskussion waren sich alle Kandidaten in ihrer entschlossenen Ablehnung der Pläne für ein Atomlager im Weserbergland einig. Weniger Konsens besteht in der Frage der eigenen Handlungsoptionen:

Hans Christian Göttlicher (CDU) verwies auf die formale Zuständigkeit des Bundes für das Verfahren und kritisierte die Bundesregierung, die auf dem politischen Willen beharre, anstatt sich der Vielzahl der Sachargumente zu stellen. Zwar sei die Handlungsfähigkeit auf Länderebene eingeschränkt, er sagte im Gespräch dennoch zu, auch in Wiesbaden um Unterstützung gegen Würgassen zu werben.
Oliver Ulloth (SPD) räumte die Verantworlichkeit der „GroKo“ der letzten Legislatur im Bund ein, betonte dabei, dass er gerade als gewählter Landesabgeordneter für die Vertretung der Interessen seiner Region verantwortlich sei und belegte sein Engagement gegen Würgassen von Beginn an u.a. mit seinen Stellungnahmen und Anfragen an die hessische Landesregierung, die bislang völlig unzulänglich bearbeitet worden seien. Die Argumentation der BGZ halte an keiner Stelle stand, so Ulloth, die Region müsse den BIs für die erarbeitete fachlichen Expertise bei dem komplexen Thema dankbar sein. Er verwies darauf, dass man der Region, die vom naturnahen Tourismus lebe, die Existenzgrundlage entziehe und beschwor den Zusammenhalt in der Region. „Der Widerstand geht jetzt erst los,“ so Ulloth.

Auch Jana Bukatz (FDP) lenkte den Fokus auf das Thema Tourismus und die enormen Anstrengungen und Millioneninvestitionen, die gerade rund um Bad Karlshafen u.a. mit der Hafenöffnung unternommen wurden. Sie betonte die Verantwortlichkeit jedes Politikers auf seiner jeweiligen Ebene – auch wenn diese nicht gleichlaufend mit Zielen der Parteien auf anderen Ebenen sei.

Der Grüne Landtagskandidat Sascha Meier wurde konfrontiert mit der Feststellung, dass alle Umweltministerien im Bund und den betroffenen Ländern inzwischen „Grün“ besetzt seien, von früheren Beteuerungen, dass dies zur Rücknahme der Planung führen würde, bislang allerdings nichts verwirklicht sei. Meier begegnete dem mit dem Hinweis, dass der Atommüll das Ergebnis einer jahrzehntelangen verfehlten Energiepolitik sei, mit dem sich Grüne Minister nun konfrontiert sähen und verwies auf die Entscheidung im Bund unter der letzten Bundesregierung.

Der Linke Kandidat Jan Kersting schilderte sein bisheriges Engagement auf versch. Ebenen, das u.a. zum Beschluss auf Kreisebene geführt habe, eine eventuelle Klage zu unterstützen. Sein Engagement würde er gerne auf Landesebene fortführen.

Appell zur Einigkeit in der Region

Die BI erneuerte abschließend die Forderung nach einer umfassenden Überprüfung des Auswahlverfahrens und einer Neubewertung des Standorts Würgassen. Sie appellierte an die gesamte Region im gemeinsamen Widerstand gegen die Planung über Parteien, Gruppierungen und Ländergrenzen nicht nachzulassen.

Den Kandidaten gab sie mit auf den Weg nach Wiesbaden, nach der Landtagswahl vehement im Bund der eigenen Region Gehör zu verschaffen, sowie sich bei den anstehenden Koalitionsverhandlungen dafür einzusetzen, dass die neue Hessische Landesregierung im Koalitionsvertrag - genau wie schon in Niedersachsen - eindeutig Stellung zu Würgassen bezieht. Vom zukünftigen Minister oder Ministerin erwartet die BI, sich vor Ort selbst ein Bild zu machen und Kontakt zu den Betroffenen aufzunehmen.

Foto: Bürgerinitiative Lebenswertes Bördeland & Diemeltal e.V.

 

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