Kreis Holzminden (rus). Erste Hilfe, Rettungsdienst, Hausnotruf und seit einigen Wochen und Monaten auch das Test- und Impfzentrum – die Johanniter-Unfall-Hilfe, kurz JUH, sind in vielen Bereichen tätig. Exklusiv für die Weser-Ith News haben wir einen Blick hinter die Kulissen des vielseitigen Ortsverbandes Holzminden geworfen. Die Johanniter zeigen kreisweit ein großes Engagement in vielen Bereichen.
Zur Organisation: Jeder Ortsverband ist eigenständig. Zum Einzugsbereich des Ortsverbandes Holzminden gehören die Landkreise Holzminden und Hameln-Pyrmont und alle darin befindlichen Gemeinden. Dienststellenleiter Sebastian Multhoff ist seit 2015 verantwortlich für den gesamten Ortsverband, dessen größte Herausforderung der letzten Monate zweifelsfrei die Inbetriebnahme und der Alltag im Impfzentrum in Holzminden war.
Größter Bereich ist derzeit das Impfzentrum in Holzminden
Seit der ersten Impfdosis am 15. Januar 2021 wurden hier in der Pandemie bislang rund 20.000 Erst- sowie über 10.000 Zweit-Impfungen gegen Covid-19 durchgeführt (Stand Anfang Juni 2021). Kreisweit, also inklusive der Hausärzte, sind damit bereits über 30.000 Menschen und somit mehr als 40 Prozent der Kreiseinwohner mindestens einmal geimpft. Zum Einsatz kommen im Impfzentrum, das gemäß Auftrag des Landkreises komplett durch die Johanniter betrieben wird, alle in der EU zugelassenen Impfstoffe je nach Impfpriorisierung und Empfehlungen der STIKO.
Anja Mundhenke ist die Leiterin des Impfzentrums. Die Stadtoldendorferin engagiert sich bereits seit 20 Jahren in der Johanniter-Unfall-Hilfe und hat schon so manche Herausforder-ung meistern müssen. Als Rettungswachen-leiterin waren ihr flexible Arbeitszeiten und ein hohes Maß an Teamgeist und Flexibilität längst nicht mehr fremd. Seit Anfang des Jahres hat sie nun die Leitung der Rettungswache an Kyra Bechler abgegeben und die des Impfzentrums übernommen.
In Spitzenzeiten werden hier 330 Impfungen täglich durchgeführt, werktags und auch am Wochenende. Ungefähr 45 bis 60 Minuten müssen Impflinge einplanen, bis sie mit allem durch sind. Von dem ersten Temperatur-Check bei der Anmeldung geht es ans Ausfüllen der Fragebögen, danach zu einer anschließenden Registrierung und schließlich zum Impfgespräch mit einem Arzt, ehe die anschließende Impfung erfolgt. Danach muss noch etwa 15 Minuten gewartet werden, bevor man wieder entlassen ist.
28 Mitarbeiter arbeiten hier in 10 Stunden-Schichten, Unter-stützung kommt auch von der Bundeswehr, „ohne die ginge es einfach nicht“, stellt Mundhenke fest. Erst Recht, wenn die Kapazitäten künftig noch erhöht werden müssen, weil dann endlich mehr Impfstoff zur Verfügung steht. „Das Vorhandensein der Impfstoffe ist eben der begrenzende Faktor“, stellt Mundhenke klar. Noch bis Ende September 2021 ist der Be-trieb geplant, somit werden nach aktuellem Stand auch in wenigen Wochen schon die letzten Erst-Impfungen hier durchgeführt. „Bei dem Impfstoff von BioNTech/Pfizer brauchen wir einen Abstand von sechs Wochen zu den Impfungen“, erklärt Anja Mundhenke – demnach ist die voraussichtlich letzte Erst-Impfung mit diesem Impfstoff Ende Juli. Einen Resteverfall hat es in Holzminden allerdings noch nie gegeben. „Wir telefonieren jeden Tag nach dem letzten Impf-Termin noch Personen von der Warteliste ab, um restliche Impfdosen auch noch verimpfen zu können“, so Mundhenke. Manchmal kommt es auch hier vor, dass Personen zu ihrem Termin nicht erscheinen. Neben dem Impfzentrum betreiben die Johanniter auf einem Parkplatz in der Innenstadt von Holzminden auch ein kleines Testzentrum für Covid-19-Schnelltests aus dem Auto, das durch vier Mitarbeiter betreut wird.
Noch viel weiteres Engagement bei den Johannitern
Doch auch wenn dem Impfen derzeit eine sehr hohe Priorität eingeräumt wird, so ist es bei Weitem nicht das einzige Engagement der Johanniter. Neben Sanitätsdienst auf Veranstaltungen, Erst-Orientierungskursen für Flüchtlinge, einer Hundestaffel und Bereitschaftsdienst etwa bei längeren Feuerwehreinsätzen unterstützen die Johanniter auch den durch den Landkreis Holzminden als Eigenbetrieb unter-haltenen Rettungsdienst in der Woche mit einem Notfall-Krankentransportwagen. Am Wochenende fährt auch ein Rettungswagen zusätzliche Noteinsätze im Landkreis. Zudem stehen die Johanniter etwa bei Großschadenslagen bereit und sind schnell einsatzfähig, um den regulären Rettungsdienst bei größeren Einsatzlagen zu unterstützen oder den Regelbetrieb zu übernehmen. Es gibt weiterhin auch eine enge Zusammenarbeit mit örtlichen Feuerwehren.
Die Johanniter betreiben als Träger eine eigene Kindertages-stätte in Holzminden, dort untergebracht sind insgesamt fünf-einhalb Gruppen an zwei Standorten - im Wiesenweg und in der Bahnhofstraße. Der Betrieb dieser Einrichtungen ist sogar einer der Hauptbestandteile der Johanniter. Unter anderem zeichnet sie sich durch die besonders große Bandbreite an Betreuungszeit aus, denn in der Regel findet diese von 6.00 bis 18.00 Uhr statt, was insbesondere auch vielen Berufs-tätigen sehr entgegen kommt. Es gibt Kooperationen mit großen Arbeitgebern, etwa der Bundeswehr, dem Kranken-haus oder auch dem Landkreis Holzminden.
Eigene Erste Hilfe Kurse finden kreisweit in eigenen Räumlichkeiten statt oder aber auch bei größeren Unternehmen als Inhouse-Schulung. Im Jahr 2019, einem noch „normalen“ Jahr ohne pandemiebedingte Einschränkungen, wurden insgesamt 2116 Teilnehmer allein durch die Johanniter in Erste Hilfe geschult. Auch 2020, als dies wieder zeitweise möglich war, waren die meisten Kurse gut belegt. Spezielle Kurse gibt es ebenfalls, beispielsweise mit der Ersten Hilfe am Kind, mit Betriebshelfer-Kursen oder auch in der Ausbildung des Schulsanitätsdienstes, der derzeit bereits an drei Schulen durch die Johanniter angeboten wird.
Immer länger zuhause: Der Hausnotruf gewinnt immer mehr an Bedeutung
Ein weiterer großer Eckpfeiler ist der Hausnotruf. Allein durch die Pandemie ist es in diesem Bereich deutlich mehr gewor-den, kann Sascha Hartmann (Foto unten), ebenfalls aus Stadtoldendorf, berichten. Er ist verantwortlich für die Disposition und Koordination im eigenen Einzugsbereich, in Holzminden werden Technik und Einsatzdienst für den gesamten Regionalverband Süd-Niedersachsen koordiniert.
Der Hausnotruf selbst hat sich bei den Betroffenen längst etabliert, die Zahlen wachsen stetig. Die Menschen bleiben heutzutage häufig länger zuhause, auch eine Betreuung durch Familienangehörige etwa wie früher ist heute nicht mehr so leicht darstellbar. Aus diesem Grund gibt es den Hausnotruf, der Nutzern ein weiterhin selbstständiges Leben ermöglicht, ohne aber auf die Sicherheit einer jederzeit verfügbaren Hilfe zu verzichten. Der Nutzer bekommt dabei ein Gerät ähnlich wie ein Alarmgeber, den er oder sie bei Gefahr oder Bedarf drücken kann. Der Notruf gelangt dann in die Einsatzzentrale der Johanniter, die weitere Hilfe in die Wege leiten und Angehörige benachrichtigen kann. So kann schnelle Hilfe garantiert werden, auch wenn gerade einmal kein Telefon zur Hand ist. Allein im hiesigen Ortsverband sind es bereits über 800 Geräte, die rund um die Uhr betreut werden.
Neben dem Hauptstandort Holzminden nutzen die Johanniter im Landkreis weitere Orte für eigene Zwecke. In Stadtoldendorf etwa finden regelmäßige Erste Hilfe Kurse statt – in eigens dafür angemieteten Räumlichkeiten am Teichtorplatz.
Auch personell werden die Johanniter, kurz JUH genannt, aus der Samtgemeinde gut ausgestattet. Mit Anja Mundhenke und Sascha Hartmann (Foto unten) kommen gleich zwei feste Mitarbeiter aus Stadtoldendorf, die Aufgaben in der JUH übernommen haben. Insgesamt sind es im Ortsverband 15 Personen für den eigenen Rettungsdienst, 46 hauptamtliche Beschäftigte in der Zentrale, den einzelnen Dienststellen und den Kindertagesstätten sowie rund 90 Ehrenamtliche.
Die Johanniter unterstützen
Jeder kann die Johanniter unterstützen, finanzielle Mittel etwa fördernder Mitglieder kommen auch zu 100 Prozent dem hiesigen Ortsverband zugute. „Wer unsere Arbeit vor Ort unterstützen möchte, darf darauf vertrauen, dass diese auch bei uns ankommt“, erklärt Leiter Sebastian Multhoff. Wer das tun möchte, kann das schon ab 5,- Euro Mindestbeitrag mit einer Fördermitgliedschaft. Auch Einzelspenden sind möglich. Als Mitglied profitiert man auch von mehreren Vorteilen, wie etwa der Rückholung bei Krankheit aus der ganzen Welt, vergünstigte Erste Hilfe-Kurse und natürlich die Gewissheit der Unter-stützung des „eigenen“ Ortsverbandes vor Ort.
Fotos: rus