Hildesheim/Holzminden (red). Sie wirkt verlassen und verfallen wie ein „Lost Place“: Dabei handelt es sich bei der Alten Pathologie in der Hildesheimer Renatastraße um ein stadthistorisch bedeutsames und hochinteressantes Gebäude. Umso bedauerlicher ist es, anzusehen, wie Vandalismus und Witterung dem Bauwerk immer stärker zusetzen. Als mögliche Antwort auf die Frage, wie sich das denkmalgeschützte Gebäude entwickeln soll, haben 17 Studierende des Kompetenzfelds Innenarchitektur der Hildesheimer Fakultät Gestaltung der HAWK Hochschule für angewandte Wissenschaft und Kunst Hildesheim/Holzminden/Göttingen Konzepte zur Revitalisierung der Alten Pathologie entwickelt. Die Ergebnisse dieser Überlegungen stellt die Fakultät auf dem Campus Weinberg von Mittwoch, 31. Januar 2024, bis Sontag, 11. Februar 2024, aus.
Das Projekt unter der Leitung von Dr. Jons Messedat unterteilte sich in eine gemeinsame Phase der Grundlagenermittlung und eine darauf aufbauende Entwurfsphase, in der maximal 2 Studierende zusammenarbeiteten. Als Einstieg in die Thematik fand eine Exkursion zur umgebauten „Zentralheize“ in Erfurt statt, wo der Architekt Prof. Ulf Hestermann erläuterte, wie er dort Arbeit, Kultur und Freizeitnutzung unter einem Dach zusammenführte. Um eine zukünftige Nutzung der Alten Pathologie zu ermitteln, führte eine Gruppe von Studierenden eine umfassende Online-Umfrage durch. Dabei sammelten sie individuelle Wünsche, Bedarfe und konkrete Vorschläge und werteten diese in grafischen Charts aus.
Parallel dazu baute ein Team in der Werkstatt für Raum- und Modellentwicklung/Oberfläche unter der Leitung von Diplom-Designer Andreas Kristl ein großmaßstäbliches Holzmodell der Pathologie. Ein weiteres Team visualisierte die bisherige Geschichte des Gebäudes und des Standortes vom Krankenhaus bis zum Campus Weinberg anhand eines Zeitstrahls. Eine besondere Herausforderung bestand im respektvollen Umgang mit der früheren Funktion der Pathologie, in der sich neben Laboren und Sezierräumen auch eine würdevoll gestaltete Kapelle mit Aussegnungsstätte befindet.
Das von der Kaiserhausstiftung Heinz Geyer geförderte Projekt begleiteten Hanna Geyer, Helmut Marhauer und Matthias Wolpers in Diskussions- und Präsentationsrunden entsprechend dem Zweck der Stiftung. Er besteht in der Förderung der Kunst und Kultur in der Region Hildesheim, vornehmlich der Denkmalpflege sowie der Wiederherstellung Hildesheimer denkmalgeschützter Bauten durch finanzielle Zuwendungen für Projekte des Denkmalschutzes, der Kunst und Kultur sowie durch Vergabe von entsprechenden Forschungsaufträgen. Mit Genehmigung von Thomas Malezki von der Hildesheimer Hanseatic Group erhielten die Studierenden die Möglichkeit zu einer Innenbesichtigung der Alten Pathologie.
Rück- und Ausblick
Die Ausstellung denkt über die Zukunft der Alten Pathologie nach und diskutiert sie. Bereits im Juni 2022 setzte die Kunstinstallation „Perspektiven“ unter der Leitung von Prof. Hans-Jürgen Lamb mit großen Holzrahmen vor Ort ein Zeichen: „Hier passiert etwas!“
Tatsächlich ist seit Jahren nichts passiert. Die wertvolle neogotische Fassade aus rotem Backstein weist immer mehr Fehlstellen auf und die hohen Maßwerkfenster sind eingeworfen. Originale Elemente der Innenraumgestaltung wie die vor über 10 Jahren durch die Fakultät Bauen und Erhalten der HAWK akribisch dokumentierten floralen Ornamentbänder sowie grün angelegtes Blattwerk auf rotem Hintergrund sind unter Graffiti verschwunden. Auch das HAWK-Entwurfsprojekt „Raum der Stille – ein interreligiöser Andachts- und Begegnungsraum“ im Wintersemester 2012/2013 konnte daran nichts ändern. Im Rahmen der Ausstellung präsentiert sich auch das Projekt International Studio. Im Jahr 2018 entwickelten internationale Studierende aus dem Kompetenzfeld Innenarchitektur gemeinsam mit Architekturstudierenden der Fakultät Bauen und Erhalten neue Nutzungskonzepte für die ehemalige Pathologie.
„Eine zukünftige Nutzung der alten Pathologie mit Bezug zur HAWK liegt im wahrsten Sinne des Wortes nahe, da sich das Bauwerk inmitten der Hochschulgebäude, Werkstätten und studentischem Wohnen befindet. Ein wünschenswertes Ziel wäre, hier einen authentischen Ort des Austausches zwischen der HAWK und der Stadt Hildesheim zu schaffen“, so Dr. Jons Messedat und Prof. Günter Weber, die das Projekt an der HAWK-Fakultät Gestaltung betreut haben.
Alle Projektbeteiligten sowie die Hildesheimer Bürgerinnen und Bürger sind herzlich eingeladen, sich über die bisherigen Schritte zur Rettung der Alten Pathologie zu informieren und aktiv an der Diskussion über ihre zukünftige Nutzung teilzunehmen.
Die Ausstellung öffnet am Mittwoch, 31. Januar 2024, um 19:00 Uhr mit einer Gesprächsrunde im Auditorium auf dem Campus Weinberg in Haus A in der Renatastraße 11. Im Showroom im Erdgeschoss präsentiert die Fakultät die Entwürfe und Projekte – mit Blick auf die Pathologie – bis zum Sonntag, 11. Februar 2024, werktags von 08:00 Uhr bis 19:00 Uhr. Am Samstag und Sonntag, 10. und 11. Februar, öffnet die Ausstellung von 11:00 bis 19:00 Uhr.