Niedersachsen (red). Die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) und der Deutsche Hotel- und Gaststättenverband (DEHOGA) konnten sich in der letzten Woche nicht auf einen neuen Tarifvertrag für die ungefähr 120.000 Beschäftigten im niedersächsischen Gastgewerbe einigen. Noch im September 2021 war nach konstruktiven Gesprächen zwischen beiden Parteien vereinbart worden, Anfang Januar einen neuen Tarifvertrag abzuschließen. Nun hat der DEHOGA einen Rückzieher gemacht. 

„Corona kann nicht als Totschlagargument genutzt werden. Alle wissen, dass die Betriebe unter der derzeitigen Situation und der fehlenden Perspektive leiden, dass geht den Beschäftigten aber nicht anders.“, sagt Thomas Domke von der NGG in Hannover. 

Nach Angaben der NGG müssen Beschäftigte im Gastgewerbe auch in normalen Zeiten mit Niedriglöhnen über die Runden kommen. Demnach liegt der Einstiegslohn der Branche derzeit auf Mindestlohnniveau, der Stundenlohn für eine erfahrene Fachkraft nur bei 12,91 Euro. In der Kurzarbeit, die für viele seit bald zwei Jahren Realität ist, hat sich dieses Einkommen weiter deutlich reduziert. 

Nach Angaben der Gewerkschaft leidet die Branche deshalb unter einem starken Personalmangel, der durch die Abwanderung der Beschäftigten in der Corona-Krise noch verschärft wurde. Allein im Jahr 2020 haben 26.000 Köche, Servicekräfte und Hotelangestellte dem Gastgewerbe den Rücken gekehrt – das ist jeder sechste Beschäftigte der Branche. Ein Trend, der sich im Jahr 2021 fortgesetzt haben dürfte. 

„Niedriglöhne, unbezahlte Überstunden und lange Arbeitszeiten bis hin zu einem rauen Umgangston hinter den Kulissen – viele Missstände sind auch hausgemacht. Ohne eine deutliche Lohnerhöhung werden die Gastro-Beschäftigten weiter mit den Füßen abstimmen und die Branche verlassen. Viele von ihnen dürften dann kaum zurückkommen und den Betrieben dauerhaft fehlen, was den Neubeginn nach der Krise deutlich erschweren wird.“ so Domke. 

An den Deutschen Hotel- und Gaststättenverband (DEHOGA) in Niedersachsen appelliert die NGG, die Zeichen der Zeit zu erkennen und die Branche in den anstehenden Tarifverhandlungen zügig neu aufzustellen. 

Es müsse dringend etwas getan werden, um den Beschäftigten eine Perspektive nach der entbehrungsreichen Zeit zu bieten. Die Gewerkschaft fordert eine armutsfeste untere Lohngrenze von 13 Euro für die Branche und eine entsprechende Erhöhung der übrigen Löhne. Das Gastgewerbe dürfe keine Mindestlohn-Branche sein und Fachleute könnten mittelfristig nur gehalten werden, wenn sich die Unternehmen mit der Gewerkschaft zu einer besseren Bezahlung sowie attraktiveren Ausbildungs- und Arbeitsbedingungen bekennen.