Stadtoldendorf (rus). Ob Carl Linnenberg (*18.08.1898) geahnt hätte, dass sein Unternehmen auch 100 Jahre später noch erfolgreich tätig ist? Als er 1919 als Baumeister die Natursteinwerke Carl Linnenberg gründete, setzte er den Grundstein für das heutige Unternehmen, das im Jahr 2019 auf stolze 100 Jahre Tradition zurückblicken kann. Sind es heute sieben Mitarbeiter, die den Kern der Firma bilden, waren es zeitweise sogar über 400 Mitarbeiter. Urenkel Roman Linnenberg ist inzwischen die vierte Generation - für den Blickpunkt gibt er einen Einblick in die Firmenhistorie.
Carl Linnenberg wurde 1898 in Lüchtringen geboren, besuchte die Bauwerker Schule in Höxter und schloss sie erfolgreich mit einem Examen ab. Im Jahre 1919 legte er vor der Handwerkskammer Bielefeld seine Meisterprüfung ab und gründete die Firma Carl Linnenberg als Baugeschäft. Für den Eigenbedarf wurde ein Steinbruch angeschlossen, aus dem die Firma schon damals Sandstein abbauen konnte. Zu dieser Zeit herrschte große Arbeitslosigkeit, mit zwei Schaufeln und Handwagen fing es an der Stelle an, wo sich heute die Feuerwehr in Stadtoldendorf befindet. In der Zeit nach dem Ersten Weltkrieg wuchs das Unternehmen schnell, in den Folgejahren stieg der Bedarf an Sandsteinen beträchtlich an und hatte ab 1933 seinen Höhepunkt.
In dieser Zeit wurde Carl Linnenberg mit der Federführung über die Lieferung und den Versatz für den Bau der Werra-Brücke betraut. Linnenberg kümmerte sich um die Erstellung von Versatzplänen sowie die Koordinierung von zwölf weiteren Zulieferfirmen. Mit einer Beschäftigungszahl von über 400 über einen Zeitraum von drei Jahren war dies bis Anfang 1937 seine größte Aufgabe. Weitere große Lieferungen für Autobahnbrücken schlossen sich an, es gab sogar Auslandslieferung nach ganz Europa und nach Übersee, auch im früheren Jugoslawien und in Nazareth gab es Aufträge. In der näheren Heimat war Linnenberg mit dem Teilaufbau der Homburg und des Försterbergturmes betraut und hinterließ damit auch hier seine Spuren. Carl Linnenberg verstarb 1973.
Nach dem Krieg arbeitete sich der Bauingenieur Paul Linnenberg in die Firma ein und übernahm bereits 1953 die Geschäftsleitung. Paul Linnenberg wurde am 1919 in Höxter geboren, verbrachte bereits seine Kindheit in Stadtoldendorf. Nach sechs Semestern wurde er als Soldat eingezogen und erlitt 1943 in Russland schwere Verwundungen. Dennoch war er als Soldat wieder im Einsatz und geriet in amerikanische Gefangenschaft. Nach dem Krieg studierte er weiter, bestand 1947 das Examen als Hoch- und Tiefbau-Ingenieur, 1957 absolvierte er die Baumeisterprüfung. Größere Bauvorhaben waren unter anderem die Sanierung des Braunschweiger Doms, die Bundesgartenschau und die Sanierung unzähliger Kirchbauten. 1948 verlagerte er das Baugeschäft in den Warteweg, wo die Firma bis heute noch ansässig ist. Durch neue Bautechniken veränderte sich der Bedarf an Sandstein und die Produktion mit zwei Sandsteinbearbeitungsmaschinen wurde aufgenommen. Heute sind sie längst durch moderne computergestützte Maschinen abgelöst.
1984 gründete Christoph Linnenberg den jetzt zum Unternehmen gehöhrenden Grabmalbetrieb und übernahm 1989 auch die Firma von Paul Linnenberg. Christoph Linnenberg wurde 1956 in Holzminden geboren, bestand 1982 die Meister- und Technikerprüfung in Königslutter und machte zuvor Ausbildung in den Obernkirchener Steinbrüchen. In den Folgejahren führte er erfolgreich fort, was seine Vorgänger in mühevoller Arbeit aufgebaut hatten. Im Jahre 2001 trat schließlich sein Sohn Roman Linnenberg in die Firma ein, 2004 schloss er seine Ausbildung zum Steinmetz und Steinbildhauer erfolgreich ab. 2006 begann er eine Weiterbildung in Königslutter zum Steinmetz und Steinbildhauermeister sowie Techniker in der Fachrichtung Steintechnik, die er 2008 erfolgreich abschloss. In den nächsten zwei Jahren verbrachte er seine Zeit bei einem großen Paderborner Betrieb, wo er die Baustellenleitung von diversen Bauten übernahm. Im Jahre 2010 trat er wieder in den elterlichen Betrieb ein und übernahm ab diesem Zeitpunkt den Grabmalbereich.
Vater Christoph und Sohn Roman sind Steinmetzmeister mit Leib und Seele. „Ich bin in den Beruf und in den Betrieb meines Vaters von klein auf hineingewachsen“, sagt Roman Linnenberg. Dass der Steinmetzbetrieb inzwischen in der vierten Generation erfolgreich ist, spricht für sich. „Das Geschäft mit diesem Handwerk am Laufen zu halten, ist sehr anspruchsvoll“, erklärt Roman Linnenberg. Tradition und Wandel müssen ebenso vereint werden wie Muskelkraft, Köpfchen und Technik. „Es ist einer der ältesten Berufe der Welt. Schon die alten Ägypter beauftragten für ihre Pyramiden Steinmetze“. Es gab Zeiten, da war das Steinmetz-Handwerk reine Handarbeit. Dafür konnten sich Meister und Gesellen damals für ihre Aufträge mehr Zeit lassen. „Inzwischen müssen wir in der gleichen Zeit vier Mal so viel bewältigen“, so Roman Linnenberg weiter. Das liegt unter anderem an der Konkurrenz, die unter Beteiligung ausländischer Firmen in den letzten Jahrzehnten größer geworden ist. Doch negative Stimmung kann das nicht verbreiten. „Unser Beruf ist sehr abwechslungsreich und einfach schön. Ich kann mich da auch selbst verwirklichen“, so Linnenberg. Das gilt für ihn nicht nur für ständig neue Möglichkeiten bei der Gestaltung von Grabmälern. „Grabsteine können immer individueller gestaltet werden. Der Geschmack der Kunden ändert sich. Das sorgt auch für eine Auflockerung uniformer Friedhofsbereiche“, so Linnenberg.
Ein motiviertes Team aus Steinmetzen und Versetzern arbeitet zurzeit schwerpunktmäßig an der Realisierung zeitgemäßer Grabmale. Hier werden alle Bereiche vom handwerklichen bis zum industriell vorgefertigten Denkmal abgedeckt. In die Werkstatt selbst haben zwischenzeitlich neben unersetzbaren alten Werkzeugen für die Fertigung auch modernste Maschinen Einzug gehalten. Auf einem großen Lagerplatz werden die gängigsten Gesteinssorten zur schnellen Belieferung der Kunden ständig bevorratet. „Durch Veränderungen und Wandlungen der Zeit und der Friedhofkultur sind wir immer bestrebt, den Trend der Zeit zu folgen, ohne den Blick auf die Vergangenheit zu verlieren. Es ist die Liebe zum Beruf des Bildhauers und des Steinmetzes, die aus unseren Grabmalen etwas Besonderes macht.
Das Unternehmen baut den roten Wesersandstein in seinem eigenen Steinbruch ab, der vor den Toren Stadtoldendorfs oberhalb des Hooptals versteckt liegt. „Die eigentliche Steinschicht beginnt erst einige Meter unter dem Erdboden. Bevor man den Sandstein abbauen kann, muss der Abraum zunächst mit Baggern, Raupen und LKW´s abgeräumt werden“, erklärt Linnenberg. Die Steingewinnung erfolgt dann durch das Abspalten von Blöcken mit Keilen, da die allgemein übliche Form des Sprengens Beschädigungen zur Folge haben könnte. Vorarbeit leisten Pressluft-Bohrhammer, die Löcher in das Gestein treiben. Ein nicht unerheblicher Teil der gewonnenen Massen wird noch direkt im Steinbruch bearbeitet. Hier erfolgen das Stoßen und Spalten, ein Vorgang, der neben Kraft vor allem feines Gespür verlangt. „Unser Steinbruch wird in Abstimmung mit den Naturschutzbehörden naturnah rekultiviert und der Eingriff in die Natur auf ein Minimum beschränkt.“
Die weitere Verarbeitung findet dann schließlich im Werk in Stadtoldendorf statt. Hier werden die Rohsteine zu den verschiedensten Naturbaustoffen weiterverarbeitet. Mit den modernen Spaltmaschinen produziert das Unternehmen Mauer- und Quadersteine in allen technisch machbaren Größen und Formaten, in der eigenen Sägerei werden die Werksteine zu Platten oder Massivstücken weiterverarbeitet. Hier erhalten Sie auch die gewünschte Oberflächenbearbeitung, wunschgemäß und auf den Anwendungszweck abgestimmt. Die steinmetzmäßige Endbearbeitung findet ebenfalls hier statt. „Unser Lieferprogramm umfasst Verblendsteine, Tritt- und Setzstufen, Blockstufen, Pflastersteine, Abdeckplatten, Fensterbänke, massive Fenster-und Türeinfassungen sowie Profilarbeiten. Besonders begehrt sind unsere Mauer- und Quadersteine zur Gestaltung für Haus und Garten. Dekorative Blumentröge, Vogeltränken, Sitzbänke, Tischplatten und vieles mehr - der Gestaltung liegen keine Steine im Weg“. Der Vielfalt an Einsatzmöglichkeiten sind keine Grenzen gesetzt.
Das große Jubiläum 2019 der Firma soll nun zum Jahreswechsel gefeiert werden, auf eine lange Tradition in Stadtoldendorf darf dann zurückgeschaut werden. Anfang 2020 ist die Firma Linnenberg Partner der Stadt Stadtoldendorf beim Neujahrsempfang.
Fotos: rus, Linnenberg