Beverungen (red). Die Themen Frauenrechte und Kinderschutz prägten das Leben der 2002 in Stockholm verstorbenen schwedischen Schriftstellerin Astrid Lindgren. In Beverungen wurde der Blick auf diese Aspekte nun eindrucksvoll geschärft: Auf der Bühne der Stadthalle verkörperte die Berliner Schauspielerin Gesine Cukrowski die berühmte Autorin und begeisterte knapp 600 überwiegend Besucherinnen mit einem intensiven Monolog, der mit stehenden Ovationen endete.
Ein Abend zwischen Biografie und Zeitgeschichte
Cukrowski führte das Publikum durch bewegende Lebensstationen Lindgrens. Dazu gehörten die Flucht der jungen, unverheirateten und schwangeren Frau nach Stockholm, ihre Erfahrungen im neutralen Schweden während des Krieges sowie die Entstehung jener literarischen Figuren, die Millionen Menschen geprägt haben: Pippi Langstrumpf, Michel aus Lönneberga oder Mio.
Der Monolog verband Humor und Ernsthaftigkeit, zeigte Lindgrens Mut und Sensibilität und verdeutlichte zugleich ihre prägende Rolle im gesellschaftlichen Wandel des 20. Jahrhunderts. Spürbar wurde auch, wie stark Lindgren selbst in ihrer rebellischen Heldin Pippi Langstrumpf weiterlebt.
Schauspielkunst, die Nähe schafft
In einer Mischung aus Lesung und szenisch erzähltem Monolog verschmolz Cukrowski mit ihrer Bühnenfigur, ohne sich ihr aufzudrängen. Vielmehr trat sie als Erzählerin auf, deren Präsenz dennoch die Persönlichkeit Lindgrens durchscheinen ließ. Viele Zuschauerinnen erkannten in ihrer Darstellung jene Mischung aus Stärke, Charisma und Empathie wieder, die Lindgren auszeichnete.
Die Parallelen zwischen Darstellerin und dargestellter Persönlichkeit wurden besonders dann spürbar, wenn Cukrowskis soziales Engagement thematisiert wurde. Als Vorsitzende der Stiftung Findelbaby – Mütter setzt sie sich für Frauen ein, die ihr Kind anonym zur Welt bringen möchten. Diese Arbeit spiegelt Lindgrens eigene Lebenssituation als junge Mutter wider, was dem Abend zusätzliche emotionale Tiefe verlieh.
Autorisiert von Lindgrens Tochter – getragen von Musik
Regisseur und Autor Martin Mühleis bezeichnete sein Werk als „Bühnen-Autobiographie“. Grundlage dafür bildeten hunderte Interviews, aus denen er ein stimmiges Porträt der Schriftstellerin zusammenfügte. Die Endfassung wurde in enger Abstimmung mit Lindgrens Tochter entwickelt und autorisiert.
Komponist Libor Síma schuf eine eigene Klangwelt für das Stück. Gemeinsam mit drei Musiker*innen an Kontrabass, Akkordeon und Gitarre begleitete er den Abend live mit jazzigen und sphärischen Tönen. Seit zwei Jahrzehnten arbeiten Mühleis und Síma zusammen – auch diesmal verschmolzen Wort und Musik zu einem harmonischen Gesamtbild.
Foto: Kulturgemeinschaft