Holzminden (zir). Zum ersten Mal in Deutschland wurde am Sonntag der Veteranentag gefeiert. Ein Tag, der ganz im Zeichen der Veteranen stehen soll, wurde am 23. April 2024 vom Bundestag beschlossen. Im Rahmen des 100-jährigen Jubiläums des Marine-Vereins e. V. Holzminden organisierten sowohl die Stadt als auch der Verein eine gemeinsame Veranstaltung am Wasserübungsplatz.
Am Morgen begann zunächst ein Feldgottesdienst, geführt von Militärpfarrerin und -seelsorgerin Claudia Glebe. Neben dem Singen von Liedern, die vom Altendorfer Chor begleitet wurden – wie „Danke“, „Großer Gott, wir loben dich“ oder „Geh aus mein Herz und suche Freud“ –, erzählte die Pfarrerin von einem Erlebnis auf einer Pilgerreise. 2015 wanderte sie auf dem Jakobsweg in Spanien, der durch infrastrukturschwache Dörfer und „öde und langweilige“ Landschaften gekennzeichnet sei. Was sie an dem Weg jedoch schätzte, war das Treffen und gemeinsame Wandern mit anderen Pilgern. „Man führte mit einigen viele Gespräche, mit anderen eher wenige. Was jedoch entscheidend war beim gemeinsamen Gehen, war das Mitgefühl, das man entwickelte. Man begann, aufeinander zu achten. Wenn die Füße wehtaten, unterstützte man sich, und zusammen meisterte man auch die längsten Wege“, erzählt Glebe. Die Erkenntnis, die sie daraus zog, war, dass in schweren Stunden die Menschlichkeit die größte Kraft ist. Die Geschichte soll eine Anlehnung an das gemeinsame Marschieren der Kameraden bei der Bundeswehr sein. „Heute feiern wir nicht nur ein Jubiläum, sondern auch den ersten Veteranentag. Daher wünsche ich euch: Es soll keinen Tag geben, an dem Sie als Kamerad sagen: Niemand ist da, der mich hält. Niemand ist da, der mich schützt. Niemand ist da, der mich sieht“, so die Pfarrerin. Mit einem „Gott hat euch mit dem Besten beschenkt, was er euch geben kann“ beendete sie den Feldgottesdienst.
Bürgermeister Christian Belke schloss sich mit zwei kurzen Geschichten der Predigt Glebes an. Er selbst war ebenfalls Soldat und gehörte einer Einsatzführungsgruppe an, die den Einsatz in Afghanistan koordinierte. Während eines Aufenthalts in Tampa (USA), bei dem er sich mit multinationalen Partnern über den Einsatz abstimmte, begab er sich am ersten Morgen im Hotel zum Frühstück. Dort begegnete er einer ihm völlig fremden Person, die sagte: „Thank you for serving. I’ll pay for your breakfast.“ (Danke für Ihren Dienst. Ich zahle für Ihr Frühstück.) Belke erinnerte sich daran, dass die Ehrung von Veteranen und Soldaten bei den US-Amerikanern fest verankert ist.
In der zweiten Geschichte erzählte er von einer Dienstreise, die er mit dem Zug tätigte. In voller Uniform wartete er am Göttinger Bahnhof auf den Zug, als ihm auch dort eine fremde Person entgegenkam. „Mörder“, rief die Person Belke zu und bespuckte seine Uniform. Er selbst fragte sich hierbei: „Habe ich Dank erwartet?“ und kam zu dem Schluss, dass es eine Selbstverständlichkeit sein sollte. Daraus ergab sich für ihn die Frage, warum nur im Ausland Soldaten und Veteranen geehrt werden. So untermalte der Bürgermeister den Beschluss des Bundestags als richtig, einen Veteranentag einzuführen. Die Stadt Holzminden bietet deshalb allen Veteranen ermäßigten Eintritt bei Sensoria sowie freien Eintritt in allen Badeeinrichtungen in Holzminden. Er appellierte an Ladenbesitzer beziehungsweise Organisationen, diesem Beispiel zu folgen und vielleicht zum nächsten Veteranentag Aktionen für die Veteranen zu gestalten.
Nach der Rede Belkes rief der Vorsitzende des Marine-Vereins e. V. Holzminden, Hermann Ahrens, zum Frühschoppen auf. Die Feierlichkeiten des Jubiläums hatten bereits am Samstag mit Veranstaltungen und einem Shanty-Chor begonnen.
Fotos: zir