Höxter (TKu). Mehr als 400 Höxteranerinnen und Höxteraner feierten am vergangenen Sonntag das traditionelle Vitusfest im Schlosspark von Corvey. Der Festzug startete am Westwerk von Corvey und zog danach mit den Reliquien des heiligen Vitus zum Schlosspark, wo die Heilige Messe unter sonnigem Himmel mit Gläubigen, Abordnungen der Schützenvereine und Pfadfindern gefeiert wurde. Bischof Dr. Heiner Wilmer aus Hildesheim hielt die Festrede bei den Feierlichkeiten. Unterstützt wurde er von Pfarrdechant Hans-Bernd Krismanek, Leiter des Pastoralverbunds Corvey, sowie den Pastoren Thomas Nal, Frank Grunze und Tobias Spittmann und den Diakonen Erwin Winkler und Klaus Herbrand. Außerdem nahmen die Gemeindereferenten Carsten Sperling, Marie-Luise Bittger und Marion Dinand teil. Zum ersten Mal waren auch die Pfarrer im Ruhestand, Alfons Weskamp aus Ottbergen und Pfarrer Forst aus Bödexen, bei den Feierlichkeiten dabei. In seiner Predigt verglich Bischof Dr. Heiner Wilmer die drei Heiligen Elia, Benedikt und Vitus miteinander. Trotz ihrer unterschiedlichen Lebenswege und Zeiten, so betonte Wilmer, verband sie etwas Grundlegendes, was auch das Motto der diesjährigen Vitusfeierlichkeiten widerspiegelte. Er erläuterte die Lebenswege der drei Heiligen und schloss: „Um es für die heutige Zeit zu formulieren: Bei den Heiligen Elia, Benedikt und Vitus können wir gemeinsam sagen: Sie waren offen für Gott und übernahmen Verantwortung für ihre Mitmenschen.“ Dies war auch das Leitmotiv der diesjährigen Vitusfeierlichkeiten, die mit einer Prozession zum Dreizehnlindenkreuz fortgesetzt wurden und in einem Pfarrfest auf der Wiese des Domänenhofs von Corvey endeten. Live-Musik im Stil von James Last, dargeboten von „Happy Music & Friends“, Spielmöglichkeiten für Kinder und kostenlose Sonderführungen im Westwerk rundeten das Vitusfest ab. Klaudia Preis-Konze verlegte erstmals ihr beliebtes Gartencafé von der Schlossgastronomie auf die Wiese des Domänenhofs und bot an der Weintheke Kaffee, Kuchen und Eis an.

Zum heiligen Vitus: Die Kirche St. Stephanus und Vitus (Corvey) beherbergt die Reliquien des Heiligen Vitus und des Heiligen Stephan. Für das Vitusfest werden sie immer wieder aus der Kirche getragen und in der Prozession mitgeführt. Der Heilige Vitus, deutsch Veit genannt, gilt als frühchristlicher Märtyrer. Der Legende nach stammt er aus Mazara del Valla an der Südwestküste Siziliens. Weil er schon als Kind nicht von seinem christlichen Glauben lassen will, wird er von seinem Vater Hylas, einem heidnischen Senator, geschlagen und vor den Richter gebracht, der ebenfalls befiehlt, ihn zu schlagen. Aber dem Richter und seinen Knechten verdorren die Arme, worauf Vitus für sie betet und sie heilt. Der Vater lässt ihn mit musizierenden und tanzenden Mädchen einschließen, die ihn verführen sollen. Als er seinen Sohn dabei durchs Schlüsselloch beobachtet, sieht er ihn von sieben Engeln umgeben und wird blind. Er gelobt darauf hin, einen Stier mit goldenen Hörnern im Jupiter-Tempel zu opfern. Aber erst das Gebet seines Sohnes heilt ihn. Dennoch trachtet der Vater ihm nach dem Leben. Ein Engel jedoch veranlasst schließlich, dass Vitus zusammen mit seinem Erzieher Modestus und seiner Amme Crescentia auf einem Schiff nach Lukanien in Süditalien flieht, wo ihnen ein Adler Brot bringt. Nach anderen Überlieferungen ernährt sie ein Löwe.

Vitus und seine Begleitung werden entdeckt und zu Kaiser Diokletian gebracht. Zwar heilt Vitus den besessenen Sohn des Kaisers, aber er weigert sich auch jetzt, den heidnischen Göttern zu opfern und wird mit seinen Begleitern ins Gefängnis geworfen. Die schweren Eisenplatten, die sie erdrücken sollen, fallen von ihnen ab und Engel erleuchten die Finsternis des Kerkers. Vitus überlebt viele Martyrien durch Wunder: Er übersteht unversehrt ein Bad in siedendem Öl, nach anderen Überlieferungen auch in Blei, Pech oder Harz. Und er zähmt durch das Kreuzzeichen die Löwen, denen er zum Fraß vorgeworfen wird. Auf die Folterbank gespannt, um mit Haken zerfleischt zu werden, zerschlagen Blitze die Martergeräte und ein Erdbeben lässt die Tempel rundherum einstürzen, sodass die Folterknechte und das entsetzt fliehende Volk von den Trümmern erschlagen werden. Engel lösen schließlich Vitus, Modestus und Crescentia von ihren Fesseln und betten sie an einem Flussufer, wo sie ruhen und sanft im Gebet ihre Seelen aufgeben. Adler bewachen ihre Leiber, bis die fromme Witwe Florentia sie findet und bestattet. Diese Ereignisse datiert man um das Jahr 304 n. Chr.

Die Verehrung des Hl. Vitus ist schon um das Jahr 600 belegt. Seine Reliquien werden 583 von Sizilien nach Lukanien in Unteritalien gebracht. Von dort kommen sie 756 nach St. Denis bei Paris, in die spätere Grabeskirche der französischen Könige. 836 werden die Gebeine von St. Vitus aus St. Denis in das neugegründete Kloster nach Corvey übertragen. Und dieser Weg führt über Meppen, sodass die Propsteikirche, die eigentlich der Hl. Margaretha geweiht ist, nun dem Patronat des Hl. Vitus gewidmet wird. Die Hl. Margaretha wird zur Kronpatronin, das ist sie heute noch.

Zentren der Vitus-Verehrung sind u. a. Corvey und Prag, wo sich das Haupt des Märtyrers befindet. An rund 150 Orten werden heute Vitus-Reliquien verehrt, es gibt über 1300 Orte, an denen Vitus Haupt- oder Nebenpatron von Kirchen oder Kapellen ist. Vitus ist auch der Patron unseres Bundeslandes Niedersachsen. Seit dem Spätmittelalter, also etwa ab dem 14. Jahrhundert, zählt Vitus zu den 14 Nothelfern, also zu jenen Heiligen, die Gott vor ihrem Märtyrertod gebeten haben sollen, demjenigen Hilfe zu gewähren, der ihn in ihrem Namen darum bittet. Vitus gilt u. a. als Schutzpatron gegen Chorea, also gegen den Veitstanz, einer Erkrankung des zentralen Nervensystems mit schnellen, unwillkürlichen Muskelkontraktionen. Auch für Augen- und Ohrenkrankheiten und bettnässende Kinder ist Vitus zuständig, ebenso bei Unfruchtbarkeit. Außerdem ist Vitus der Schutzpatron der Jugendlichen, der Gastwirte und Apotheker, der Winzer und Bierbrauer, der Bergleute und Kupferschmiede sowie der Schauspieler und der Soldaten, der Stummen und Tauben. Der 15. Juni ist der Gedenktag des Hl. Vitus. Vielleicht weil dieser Gedenktag um die Sonnenwende liegt, knüpft sich viel Volksfrömmigkeit an unseren Heiligen: Er hilft bei Unwetter, Blitz und Feuersgefahr und sorgt für die Haustiere, für eine gute Saat und eine gute Ernte. Dies drückt sich auch in zahlreichen Bauernregeln aus: „Nach St. Veit wendet sich die Zeit.“ – „Regnet’s an St. Veit, Gerste nicht leid’s.“ – „Hat der Wein abgeblüht auf St. Vit, bringt er ein schönes Weinjahr mit.“ Und der Hl. Vitus ist zuständig für pünktliches Wach-Werden ohne Uhr: „Heiliger St. Veit / wecke mich zur rechten Zeit; / nicht zu früh und nicht zu spät, / bis die Glocke ... schlägt.

Fotos: Thomas Kube