Holzminden (red). Erstmals fand der traditionelle Landtagsstammtisch von Uwe Schünemann im create:hub statt. War es die Neugier auf die neue Location oder waren es die Themen, die viele Besucher anlockten? Zusammen mit Landrat Michael Schünemann informierte der CDU Politiker über den Stand des Insolvenzverfahrens des Evangelischen Krankenhauses und über die Auswirkungen der zunehmenden Migration auf den hiesigen Landkreis. Beide Themen wecken Emotionen. Umso wertvoller war die sachliche und vielschichtige Diskussion.
„Einen schlechteren Zeitpunkt hätte die Agapleseon AG nicht wählen können“, kommentierte Uwe Schünemann den im August gestellten Insolvenzantrag des Holzmindener Krankenhauses. Die zukünftigen Rahmenbedingungen für die Finanzierung der stationären Gesundheitsversorgung seien noch immer nicht geklärt. Der Bundesgesundheitsminister habe weder das lange angekündigte Reformgesetz noch ein Vorschaltgesetz zur Abstimmung gestellt. Das erschwere die Suche nach einem Betreiber enorm. Dennoch würden hinter den Kulissen viele Gespräche geführt.
„Die Landespolitik ist nicht abgetaucht“, widersprach der Abgeordnete immer wieder aufkommender Kritik. „Als Oppositionspolitiker hätte ich zu Demonstrationen aufrufen können“. Ganz bewusst habe er sich dagegen entschieden. Viel wichtiger sei ihm der kontinuierliche Kontakt mit dem Insolvenzverwalter, der Landesregierung und den kommunalen Partnern. So sei es gelungen, das Insolvenzgeld um vier Wochen zu verlängern. Sowohl die AOK als auch der Landesgesundheitsminister hätten sich hier sehr kooperativ verhalten. „Zuschüsse und Fördergelder können am besten am Verhandlungstisch eingeworben werden“, weiß Uwe Schünemann aus langjähriger Erfahrung.
Mittlerweile gehen die Verhandlungen in die entscheidende Phase. „In der zweiten Novemberwoche wird der Insolvenzverwalter das Konzept den politischen Verantwortlichen auf der kommunaler Ebene vorstellen“, so Landrat Michael Schünemann. Stadtrat und Kreistag hätten bereits durch Nachtragshaushalte eine eventuell notwendige Unterstützung vorbereitet.
„Wir brauchen jetzt eine nachhaltige und wirtschaftlich tragfähige Lösung, die die bestmögliche medizinische Grundversorgung der Bevölkerung im Landkreis ermöglicht“, waren sich Landrat und Landtagsabgeordneter einig. Zudem müsse eine qualifizierte Notfallversorgung rund um die Uhr sichergestellt werden. Angesichts der anstehenden Krankenhausreform könnten diese Ziele nur durch Kooperationen und Verbundsysteme erreicht werden. Dabei komme es zunehmend auf landkreisübergreifende Lösungen an. Daran werde tagtäglich gearbeitet.
Uwe Schünemann zeigte sich beeindruckt vom hohen Engagement der Mitarbeitenden des Krankenhauses. Man spüre trotz der schwierigen Lage eine hohe Identifikation mit ihrer Aufgabe. Deshalb müsse alles unternommen werden, um deren Interessen in ganz besonderer Weise zu schützen. Der Spendenaufruf habe eine großartige Solidarität der Bevölkerung mit dem Holzmindener Krankenhaus gezeigt. „Leider wurden dadurch Hoffnungen geweckt, die so kaum zu erfüllen sind“, so der CDU Politiker. Zur Wahrheit gehöre allerdings auch, dass in der Vergangenheit nur knapp 40 Prozent der hiesigen Bevölkerung das eigene Krankenhaus gewählt hätten.
In der intensiven Diskussion wurde häufig nach den Ursachen der Insolvenz gefragt. Die Antworten sind offensichtlich vielschichtig. „Agaplesion darf sich jetzt nicht aus der Verantwortung stehlen, sondern einem Neuanfang nicht im Wege stehen“, appellierte Uwe Schünemann an den Frankfurter Konzern.
Auch das zweite Thema Migration beschäftigt die Bevölkerung stark. „Wir haben der Landesregierung unsere Unterstützung bei der Bewältigung der Migrationsströme angeboten“, berichtete der ehemalige Innenminister aus dem Landtag. Mittlerweile sei die kommunale Integrationsgrenze erreicht. „Die Zuweisungszahlen aus Hannover steigen in den nächsten Monaten erheblich an“, zitierte der Landrat aus der Anordnung aus dem Innenministerium. Noch reichten die Unterbringungskapazitäten aus. Aber es werde zunehmend eng. Gleiches gelte für die Kindergärten und ohne Sprachkurse könne die Integration in den Schulen nicht gelingen.
„Die Kommunen warten auf die Unterstützung des Ministerpräsidenten“, weiß Uwe Schünemann. Wenn die Integration vor Ort nicht mehr geleistet werden könne, müsse das Land reagieren. Asylbewerber ohne Erfolgsaussichten sollten in den Aufnahmezentren des Landes die Verfahren durchlaufen und nicht auf die Kommunen verteilt werden.
Zudem sei die Einrichtung von landeseigenen Integrationszentren möglichst in jedem Landkreis zwingend erforderlich. Dort sollten die Asylbewerber mit hohen Erfolgsaussichten erste Sprachkurse erhalten und auf Maßnahmen zur Integration in den Arbeitsmarkt vorbereitet werden. Kinder, die bereits deutsch gelernt haben, würden den Einstieg in den Schulalltag besser bewältigen. Auf keinen Fall dürften wieder Sporthallen für die Unterbringung von Flüchtlingen geschlossen werden.
„Auf Bundesebene vollzieht die Ampel eine Rolle rückwärts in der Migrationspolitik“, so der ehemalige Innenminister. Das reiche aber immer noch nicht aus. Die Anerkennung zusätzlicher sicherer Herkunftsländer, die Umstellung auf Sachleistungen, stationäre Grenzkontrollen, die Angleichung der Leistungen an das EU-Durchschnittsniveau seien nur einige Beispiele für den Handlungsbedarf.
Foto: Sabine Echzell