Holzminden (red). Wenn es darum geht, die Energieversorgung für die deutsche Industrie auf krisensichere und klimafreundliche Beine zu stellen, dann spielt Wasserstoff als künftiger Energieträger eine entscheidende Rolle. Die Bundesregierung arbeitet an Plänen, wo Wasserstoff kurzfristig produziert werden und wie er zu den Unternehmen gelangen könnte. Damit die Betriebe des Landkreises Holzminden zeitnah auch über diesen Energieträger versorgt werden können, bedarf es des engen Schulterschlusses aller regional wichtigen Akteure – und das heißt vor allem: der mit Energiefragen befassten Mitarbeitenden der Unternehmen selbst. Eine Veranstaltung der Wirtschaftsförderung des Landkreises zusammen mit der Industrie- und Handelskammer Hannover und dem Amt für regionale Landesentwicklung Leine-Weser im Create:Hub Holzminden sollte dazu dienen, ein Netzwerk aufzubauen und erste wichtige Fragen zu klären. Eine intensive, fachlich tiefgreifende Auseinandersetzung mit einem Thema, das eine zukunftsweisende Schlüsseltechnologie auch im Landkreis Holzminden sein wird.
Wer unterstützt bei der Frage der Umsetzung der Transformation von fossilen Energien auf Wasserstoff im Landkreis Holzminden? Wie und wo kann Wasserstoff überhaupt erzeugt werden und dann an die entsprechenden Verbrauchsunternehmen gelangen? Genau auf dieser Fragen versuchte die Veranstaltung im Create:Hub erste Antworten zu finden. Dabei sollte allerdings nicht nur Wissenswertes vermittelt, sondern genauer geklärt werden, welchen Bedarf es in der Region überhaupt gibt. „Wir haben die Industrie, die von dieser Zukunftstechnologie profitieren kann“, stellte Kreisbaurat Ralf Buberti in seinen einleitenden Worten außer Frage. Ziel sei aber auch, nicht nur schöne Vorträge zu hören, sondern zu erfahren, was gebraucht werde. Und dazu bedürfe es der Teamarbeit unterstrich die Mitinitiatorin des Treffens, die Landesbeauftragte des Amts für regionale Landesentwicklung Leine-Weser, Frauke Patzke. Der Strom, der bundesweit für die Produktion grünen Wasserstoffs produziert werden müsse, könne nur im ländlichen Raum gewonnen werden, so Patzke, aber was dort als Technologie vorhanden sei, brauche Wasserstoff als Energieträger eben auch.
Vor gut einem Jahr hat sich der Landkreis bereits dem Wasserstoffnetzwerk Leine-Weser angeschlossen, das weitere fünf Landkreise sowie die Region Hannover zusammen mit dem Amt für regionale Landesentwicklung (ArL Leine-Weser) und der IHK ins Leben gerufen hat. Seit Juni haben in Nienburg, Diepholz und Hildesheim bereits Veranstaltungen stattgefunden, um den Kontakt mit interessierten Unternehmen zu suchen und gemeinsame Lösungswege hin zum Energieträger der Zukunft zu finden. Mittlerweile, so berichtete Arne Gisewski vom ARL, warte man praktisch täglich auch auf den positiven Förderbescheid durch den Bund, der gezielte Unterstützung für das Projekt Wasserstoffnetzwerk ermögliche. Auch den Blick über den Tellerrand habe man mit einem internationalen Projekt mit Schweden und den Niederlanden schon vorgenommen und sich in Groningen in den Niederlanden über deren Umsetzungsstrategien informiert.
Noch viel länger beschäftigt sich die bundeseigene NOW GmbH mit dem grünen, also mithilfe erneuerbarer Energien erzeugten Wasserstoff und dessen anschließendem Einsatz in Wirtschaft und Industrie. Alexander Gehling von der NOW, per Videokonferenz in das Eventcenter Albert Einstein des Create:Hub zugeschaltet, kann in Bezug auf die gesamte Problemstellung dementsprechend schon auf jede Menge Erfahrung zurückgreifen. Gehling stellte dar, wie Wasserstoff über Elektrolyse gewonnen, anschließend gespeichert und dann zum Endverbraucher transportiert werden soll. Für die Verteilung sei ein Wasserstoffverteilungsnetz in Planung, das bis 2030 in Betrieb gehen solle. Dass der Landkreis Holzminden in diesem Netz zwar sowohl als Einspeiser als auch als Verbraucher identifiziert ist, aber im ersten Schritt trotzdem nicht mitberücksichtigt wird, hatte schon Landrat Michael Schünemann in einer Presseerklärung vor einem Monat moniert und auf die energieintensiven Industrieunternehmen in der Region verwiesen.
Wie sich trotzdem Wasserstoff produzieren und anschließend in der eigenen Region nutzen lässt, machte Dr. Peter Oswald von der SüdniedersachsenStiftung deutlich. Oswald erläuterte, wie die H2Allianz Südniedersachsen verschiedene Produzenten und Abnehmer in Südniedersachsen, mit deren genauem Bedarf identifiziert und miteinander vernetzt hat, um einen eigenen Kreislauf zu erzeugen. Und eine weitere spannende Alternative hatte abschließend Dirk Diederich, ebenfalls aus Göttingen, zumindest für Glasproduzenten parat. Denn mit seinem Institut für Glas- und Rohstofftechnologie hat Diederich ein Verfahren entwickelt, bei dem bei der Eigenherstellung des für die Glasindustrie wichtigen Rohstoffes Soda als Abfallprodukt Wasserstoff anfällt. Auch wenn dieser Wasserstoff nach den Kriterien der Bundesregierung bisher noch nicht als „grüner“ im Sinne von nicht klimabelastendem Wasserstoff gilt, könnte dessen Einsatz schon in kürzester Zeit die relativ hohen Investitionskosten wieder einspielen und gleichzeitig das Energieproblem der Glasindustrie lösen, so Diederich.
Die anschließende Diskussion mit Publikumsbeteiligung gestaltet sich mit etlichen Fachfragen sehr intensiv und lösungsorientiert. Ein erster Schritt zu genau eben dem, was die Veranstaltung auslösen sollte: eine Sensibilisierung für das Thema und die Bildung eines ersten Netzwerks.
Foto: Landkreis Holzminden