Eschershausen. Landesfürsten verfügten früher oft ein Bußtag nach Ausbruch von Kriegen, damit die Menschen vor Gott um Vergebung für die Schuld und die Gewalt in den kriegerischen Auseinandersetzungen bitten sollten. Während des Dreißigjährigen Krieges häuften sich die Buß- und Bettage mit wöchentlichen Wiederholungen. Gemeinsame Bußzeiten gab es schon in der Antike. Theologisch sind sie dreifach begründet. Zunächst als Tage des fürbittenden Eintretens der Kirche für die Schuld der Gläubigen vor Gott. Dann soll die Kirche an den Bußtagen ihre Wächterfunktion den Sünden der Zeit gegenüber ausüben. Und schließlich sollen Bußtage dem Einzelnen dienen, sein Gewissen vor Gott „und vergib uns unsere Schuld“ zu prüfen und zu vergeben. Später wurde dieser Tag als gesetzlicher Feiertag eingeführt, den die evangelische Kirche für sich zu eigen machte und zu Gottesdiensten in die Kirchen einlud. Dieser Tag wurde jeweils mittwochs zwischen dem Volkstrauertag und Totensonntag begangen und war laut der evangelisch-lutherischen Landeskirche Hannover der letzte Feiertag im Kirchenjahr.
Der Buß- und Bettag wurde letztmalig im Jahr 1994 als gesetzlicher Feiertag begangen und ab 1995 zur Finanzierung der gesetzlichen Pflegeversicherung verwendet. Lediglich der Freistaat Sachsen unter seinem damaligen Ministerpräsidenten Dr. Kurt Biedenkopf widersetzte sich dieser Neuregelung und behielt diesen Tag bis heute bei.
Für viele Menschen war und ist dieser Buß- und Bettag ein Tag des Besinnens, der Buße und der Einkehr. Heute ist dieser frühere gesetzliche (kirchliche) Feiertag mehr und mehr in den Hintergrund getreten; wird aber trotzdem noch in den evangelischen Kirchen begangen. Manch einer betrachtet die Abschaffung dieses Feiertages als staatliche Willkür, um einen Teil der Pflegeversicherung damit zu finanzieren.
Friedhelm Bandke
Eschershausen
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