Weserbergland (red). Nach der Wahl ist vor der Wahl: Ab dem 6. Oktober lassen der NABU und sein bayerischer Partner, der LBV (Landesbund für Vogelschutz), den Vogel des Jahres 2022 zum zweiten Mal öffentlich wählen. Jeder und jede kann unter www.vogeldesjahres.de mitbestimmen, wer der neue Jahresvogel wird. Nach der Wahl ist vor der Wahl: ganz Deutschland ist gefragt, bis zum 18. November einen Favoriten aus fünf Arten zu bestimmen, der dann in die Fußstapfen des Rotkehlchens tritt.
„Bei der ersten öffentlichen Wahl hatten sich über 455.000 Menschen beteiligt und das Rotkehlchen zum Vogel des Jahres 2021 gekürt – eine überwältigende Beteiligung“, so NABU-Bundesgeschäftsführer Leif Miller. „Wir freuen uns sehr, dass das Interesse an Naturschutz und der heimischen Vogelwelt so groß ist und legen darum die Vogelwahl auch für die kommenden Jahre in die Hände aller, die mitentscheiden wollen.“
In Deutschland leben 307 Vogelarten. Damit die Wahl etwas erleichtert wird, haben die Vogelkundler des NABU fünf Arten ausgesucht, unter denen abgestimmt werden kann. Für den Jahresvogel 2022 ins Rennen gehen: Bluthänfling, Feldsperling, Mehlschwalbe, Steinschmätzer und Wiedehopf.
„Jeder der fünf Vögel steht für ein Naturschutzthema, das unsere Aufmerksamkeit braucht“, so Miller. „So sind mit Mehlschwalbe, Steinschmätzer und Wiedehopf gleich drei Zugvogelarten auf der Wahlliste. Zugvögel leiden besonders stark unter dem Klimawandel, da sie auf intakte Verhältnisse an mehreren Orten der Welt angewiesen sind.“
Die Mehlschwalbe hat als Insektenfresser und Gebäudebrüter zwei Probleme, die ihren Bestand gefährden: Durch das Insektensterben hat sie weniger Nahrung zur Verfügung. Die Mehlschwalbe gehört zum typischen Bild und auch zur Geräuschkulisse der ländlicheren Umgebung. Da sie ihre Nester direkt an Felswänden oder höheren Gebäuden baut, ist sie eher in Städten und Kleinstädten unterwegs als in der offenen Landschaft oder in kleinen Dörfern. Mit der Rauchschwalbe teilt sie sich zwar bei der Futtersuche einen Lebensraum, sie nisten aber an unterschiedlichen Orten. Die Mehlschwalbe ist bei uns Sommerbotin, ihre Rückkehr läutet die warme Jahreszeit ein. -> Zudem werden ihre Nistplätze etwa bei Gebäudesanierungen entfernt. Ihr Wahlkampfslogan lautet darum: „Mieterschutz für Vögel!“
Der Steinschmätzer ist wie auch die Mehlschwalbe ein Langstreckenzieher und mit 30.000 Kilometern Jahreszugstrecke rekordverdächtig unter den Singvögeln. Steinschmätzer bevorzugen steiniges Gelände, wo sie mit ihrem Gefieder optimal getarnt sind. Man kann sie darum bei uns sowohl im felsigen Hochgebirge als auch auf kargen Inseln und an Stränden antreffen. Typisch für Steinschmätzer ist das charakteristische Schwanzmuster, das wie ein umgedrehtes schwarzes „T“ aussieht. Daran und an der dunklen Gesichtsmaske sind die kleinen Sperlingsvögel gut zu erkennen. Miller: „Vom Aussterben bedroht ist diese Art bei uns, weil sie immer weniger Lebensraum zur Verfügung hat. -> Der Steinschmätzer braucht offenes, vegetationsarmes Gelände.“ Darum geht er mit dem Slogan „Mut zur Brache!“ ins Rennen.
Der Wiedehopf ist mit seinem langen Schnabel und seinen orangefarbenen Scheitelfedern der optisch spektakulärste Kandidat. Er lebt ausschließlich in besonders warmen Gegenden in Deutschland, etwa am Kaiserstuhl in Baden-Württemberg. Mit seinem langen Schnabel und den orangen Scheitelfedern mit den schwarzen Punkten, die er bei Erregung aufrichtet, ist er ein echter Hingucker. Als Zugvogel verbringt er den Winter in Afrika. Sein wissenschaftlicher Gattungsname „Upupa“ ist eine Nachahmung des Klangs seines dreisilbigen „upupup“-Balzrufes. -> „Die Art wäre deutlich häufiger, wenn es mehr halboffene Landschaften mit vielen Insekten gäbe, wie Weideflächen oder pestizidfreie Weinberge“, so Miller. Der Wahlkampfspruch des Wiedehopfs heißt: „Gift ist keine Lösung!“
Den Feldsperling dürfte jeder und jede schon einmal gesehen haben. Er ist ein kleinerer Verwandter des etwas kräftigeren Haussperlings, dem er aber bei Konkurrenz unterliegt. Daher ist er eher in den ländlicheren Raum ausgewichen. Dort wo der Haussperling fehlt, kann der Feldsperling jedoch auch in städtische Bereiche vordringen. So übernimmt er beispielsweise im Osten Asiens die Rolle des Haussperlings in den Städten. -> Der Feldsperling brütet in Baumhöhlen oder Nistkästen und fordert auch deshalb: „Ohne Gehölz, ohne mich!“
Sein gruseliger Name täuscht: der Bluthänfling ist kein Greifvogel sondern eine kleine Finkenart mit roter Brust und einer Vorliebe für vegetarische Kost, wie Körner, Samen und Früchte. Sein Bestand ist gefährdet, weil er in monotonen Ackerlandschaften keine Heimat findet. Rosarot leuchtet die Brust des Männchens, wenn es im Frühling von exponierter Warte aus seinen Balzgesang zwitschert. Die meisten werden ihn schon einmal gesehen haben, da er in Deutschland überall heimisch ist. Auch wenn er ganz nach Finkenart wellenförmig über uns dahinfliegt, ist er an seiner roten Brust oft gut zu erkennen. -> Er fordert für seinen Brutplatz: „Mehr Hecken zum Verstecken!“
Am 6. Oktober wird das virtuelle Wahllokal unter www.vogeldesjahres.de freigeschaltet. Bis zum Vormittag des 18. November kann abgestimmt werden. Noch am selben Tag wird der Sieger bekanntgegeben. Der „Vogel des Jahres“ wurde in Deutschland erstmals im Jahr 1971 gekürt. Seit 2021 wird er durch eine öffentliche Wahl bestimmt.