Duingen (red). Wer an Hochwasserschutzanlagen denkt, stellt sich oft große Bauwerke wie Staudämme und Deiche vor. Dass eine Verbesserung des Hochwasserschutzes auch in Synergie mit einer Wiederherstellung von natürlichen Gewässerstrukturen erreicht werden kann, beweist der Leineverband zusammen mit seinen Projektpartnern an der Saale auf den Flächen der Niedersächsischen Landesforsten, im Bereich des ehemaligen Tagebaus Humboldt.
Nach Beendigung des Braunkohleabbaus in den 1960er-Jahren wurde die östlich der Ortschaft Bergmannsiedlung gelegene Fläche rekultiviert. Neben der großflächigen Aufforstung und Geländemodellierung wurde hierzu die Saale aus ihrem ursprünglichen Gewässerbett verlegt und verläuft seit dem durch die Tagebaurestlöcher Weinberger See und Eisenteich. Durch diese Umgestaltung verliert die Saale allerdings ihren ursprünglichen Charakter als Mittelgebirgsbach, was zu weitreichenden Folgen in Hinblick auf die Gewässerökologie führt. Auf Anregung von den Niedersächsischen Landesforsten als Flächeneigentümerin und dem Leineverband als zuständigem Gewässerunterhalter begann daher bereits vor mehr als 10 Jahren die Planung zu einer Aufwertung dieses Gewässerabschnitts.
Jens Schatz, Geschäftsführer des Leineverbandes, leitet das Projekt an der Saale: „Das Hauptziel ist die Wiederherstellung der ökologischen Durchgängigkeit in der Saale, da die Stillgewässerbereiche sowie mehrere Querbauwerke für Fischarten wie Mühlkoppe und Bachforelle aber auch für Kleinstorganismen kaum zu überwindende Hindernisse darstellen. Hierzu wird auf einer Länge von etwa 400 Meter ein neuer Gewässerverlauf entlang des Weinberger Sees geschaffen und die vorhandenen Wanderhindernisse im bestehenden Saaleverlauf zurückgebaut. Ergänzend wird durch den Einbau von Strukturelementen wie Strömungslenkern und Totholz die Wertigkeit der Saale als Lebensraum erhöht“, erklärt Schatz.
„Mit diesem Projekt bringen wir den Naturschutz und den Hochwasserschutz unter einen Hut. Dass die Saale in dieser Gegend ein natürliches Bachbett bekommen wird, wird der Gewässerökologie zugutekommen. Durch die Bauarbeiten entstehen zwar zunächst Spuren, doch werden sich diese zügig wieder schließen. Das Gebiet wird somit innerhalb kürzester Zeit wieder ein attraktives Ausflugsziel für die Erholungssuchenden sein“, erklärt Dr. Christine Knust, Leiterin des Forstamts Grünenplan.
Durch die Neugestaltung der Saale kann zudem der Hochwasserschutz für die Unterlieger wie Wallensen und Salzhemmendorf erheblich verbessert werden. Erreicht wird dies durch eine Neuerrichtung der vorhandenen Ein- und Auslaufbauwerke am Weinberger See. Hierdurch wird der Wasserstand in dem mehr als 20 Meter tiefen, künstlichen Gewässer um 1,50 Meter abgesenkt. Im Hochwasserfall wird dann die bisherige Wasserführung reaktiviert und ein Teilstrom der Saale fließt in den Weinberger See hinein und füllt diesen bis zur ursprünglichen Höhe auf. Hierdurch wird ein Retentionsvolumen von 90.000 Kubikmeter geschaffen. Dies entspricht 600.000 gefüllten Badewannen! Der Ort Salzhemmendorf profitiert sehr von dieser Maßnahme.
Nach den mehr als 10 Jahren Vorbereitung, in denen Anträge geschrieben und genehmigt, Fördergelder akquiriert und Planungsfirmen beauftragt wurden, ist der Baubeginn nun für den Herbst 2021 vorgesehen. Die Bauausführung soll dann in der kalten Jahreszeit stattfinden, um einen möglichst geringen Einfluss auf Tierwelt und Tourismus zu haben.
Insgesamt werden ca. eine Million Euro für die Maßnahme veranschlagt. Ein Großteil dieser Kosten wird durch das Land Niedersachsen gefördert. Die Niedersächsische Landesforsten, der Flecken Salzhemmendorf, der Landkreis Hameln-Pyrmont und der Landkreis Hildesheim übernehmen den übrigen Anteil. Der Leineverband stellt das Personal für die Projektkoordinierung.
„Der neugestaltete Gewässerabschnitt und der Weinberger See werden nach Fertigstellung der Baumaßnahme für Fußgänger, Fahrradfahrer, Angler und Naturfreunde Entspannung und Erlebnis gleichermaßen bieten können. Die Biodiversität an der Saale wird erhöht und gleichzeitig der Hochwasserschutz für die Unterlieger verbessert. Eine Win-win-Situation für Natur und Mensch“, wie Jens Schatz im Kreise aller Beteiligten ausdrücklich betont und Frau Dr. Knust bestätigt.
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