Stadtoldendorf. Auch im elften Jahr nach der Eheschließung unserer ehemals eigenständigen Samtgemeinden Eschershausen und Stadtoldendorf stellen politisch interessierte Bürger auf beiden Seiten des Odfeldes fest, dass man außer einem gemeinsamen Namen scheinbar nicht viel besitzt, dass uns verbindet. Ähnlich wie bei einer langjährigen, festgefahrenen Ehe, bei der beide Partner morgens nebeneinander aufwachen und sich nach dem Grund fragen, warum sie noch weiter mit dem anderen Partner unter einem Dach wohnen, stellen sich viele Stadtoldendorfer und sicher auch nicht wenige Eschershäuser Bürger eine ähnliche Frage: Welchen Sinn macht es, noch unter dem gemeinsamen Dach einer Samtgemeinde zu leben?
Blicken wir auf die letzten zehn Jahre zurück, so können wir feststellen, dass sich in unserem gemeinsamen Fotoalbum seit der Hochzeit viele Bilder befinden, aus denen sich erschließen lässt, warum sich unsere Ehe in einem derartig desaströsen Zustand befindet. Eine Ehe, in der sich beide Partner eigentlich nichts mehr zu sagen haben. Unser Fotoalbum bildet viele Momente der Uneinigkeit und des Streits ab. Und streiten konnten wir uns wahrlich gut. Wir konnten uns über geschlossene und neugebaute Supermärkte streiten, wir konnten uns über unsere Freibäder und Sporthallen streiten. Wir konnten uns über unsere Feuerwehren und Rathäuser streiten.
Leidenschaftlich stritten wir uns, was dem anderen unserer Meinung nach zustand und was nicht. Am allerbesten jedoch konnten wir uns über unsere Schulen streiten, was uns zur gegenwärtigen Situation unserer Ehe bringt. Mit Blick auf die jüngste schulpolitische Entscheidung des Kreises sollten sich beide Ehepartner nun die Frage stellen, ob nach all den Jahren noch so viel Restvertrauen ineinander geblieben ist, dass es uns gelingt, uns um die Zukunft unserer Kinder wegen noch einmal zusammenzuraffen.
Möglicherweise liegt in der gemeinsamen Beschulung unserer Kinder unter dem Dach einer neuen Schule, wie der Kreistag jüngst beschlossen hat, die Chance, eine andere Sichtweise auf unsere Ehe zu entwickeln und sie so mit neuem Leben zu füllen. Wenn wir sehen, wie unsere Kinder gemeinsamen leben und lernen, Freundschaften knüpfen und sich weiterentwickeln, ja vielleicht ist gleiches dann auch für unsere Ehe möglich. Dazu braucht es eigentlich nicht viel. Wie unsere Kinder müssen auch wir lernen, dass Freundschaft besser als Feindschaft ist.
Und, dass sich mit Kameradschaft und Teamgeist weitaus mehr erreichen lässt als mit Streit, Neid, Missgunst und gegenseitigen Vorhaltungen. Die nun bevorstehende einschneidende, aber finanziell und demografisch dringend notwendige Veränderung unserer Schullandschaft bietet uns jetzt, zehn Jahre nach unserer Eheschließung, die Möglichkeit gemeinsam in den Spiegel zu blicken. Wir können uns entscheiden, ob es uns möglich ist, unsere Differenzen zu überwinden, um uns gemeinsam mit vereinten Kräften den Herausforderungen der Zukunft zu stellen oder ob wir gemeinsam den Gang zum Scheidungsanwalt antreten wollen.
Marcel Plaskuda
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