Landkreis Holzminden (red). Die herbstliche Witterung hat für die Biker die diesjährige Saison wohl endgültig beendet, doch das Thema Motorradlärm beschäftigen Landrat Michael Schünemann und die regionalen Verkehrsexperten weiter. Nach einem Erörterungstermin mit  Polizei und Vertretern der Landesstraßenbaubehörde im Kreishaus wurde deutlich: Die Möglichkeiten, wegen zunehmender Beschwerden über den Lärm speziell durch Zweiräder vorzugehen, sind begrenzt. „Wir müssen mit dem, was wir machen, vorsichtig sein“, stellte Schünemann während des Treffens fest.

Schon im Frühjahr, als die Diskussion um die Belastung durch Motorradlärm für die Anwohner entbrannte, wurde schnell klar, dass Kreisstraßen eigentlich gar nicht betroffen sind. Sowohl in der Rühler Schweiz als auch in Lauenförde sowie zwischen Neuhaus und Holzminden handelt es sich bei den besonders stark frequentierten und deshalb diskutierten Strecken um Landes- bzw. Bundesstraßen. Nach einem ersten Gespräch mit der Polizei im Frühjahr hatten Landrat Schünemann und die Dezernentin für den Bereich Ordnung und Umwelt zusammen mit dem Leiter der Hamelner Behörde, Markus Brockmann, ein erstes Gespräch geführt. Nun setzten sich die Vertreter aller drei Stellen zusammen, um gemeinsam zwischen Möglichem und Unmöglichem abzuwägen.

Speziell Straßensperrungen, Baumaßnahmen und Geschwindigkeitsbegrenzungen gehören offenbar in die zweite Kategorie. Markus Brockmann hatte recherchiert und dabei festgestellt, dass Straßensperrungen wegen Lärms in Niedersachsen bereits vom Verwaltungsgericht gestoppt worden sind. Als Begründung für einen in Rinteln gescheiterten Versuch hatte das Gericht angeführt, dass es keine ausreichenden Lärmgutachten gegeben habe und auf jeden Fall zunächst weniger drastische Maßnahmen vorgenommen werden müssen. Die Hürden jedoch für Lärmgutachten, die tatsächlich Eingriffe rechtfertigen, sind hoch. In Lauendförde habe die Landesbehörde, so Brockmann, mithilfe von Zählpfosten das Verkehrsaufkommen  durch Motorräder gemessen und sei zu ernüchternden Ergebnissen für die Beschwerdeführer gekommen. „Aufs ganze Jahr hätten wir damit, was wir da gezählt haben, gerade so den Grenzwert überschritten“, erklärt er, „aber die zehn Wochen, an denen es wirklich bei uns brummt, reichen dafür auf keinen Fall aus.“ Ein negatives Urteil zu riskieren, weil man nicht anderes versucht habe, mache jeden Verbesserungsversuch nur noch schwerer, waren sich alle Gesprächspartner während des Treffens einig.

Auch Rüttelstreifen sind keine Lösung, denn die schaffen zusätzliche  Gefahrenstellen, behindern den Winterdienst und sind - wie Erfahrungen aus dem Landkreis Schaumburg zeigen - nur neue Lärmquellen. Ob Geschwindigkeitsbeschränkungen schließlich tatsächlich eine entsprechende Wirkung zeigen würden, ist auch zu bezweifeln. Denn weil es um eine Lärmbelästigung geht und nicht um ein verstärktes Unfallaufkommen, ist ein Effekt nur sehr schwer und mit unverhältnismäßig großem Aufwand nachzuweisen. „Das Motorrad ist immer noch ein ganz normales Verkehrsmittel“, stellte Markus Brockmann am Ende seiner Ausführungen fest, „und wenn man das beschränken will, muss man es wirklich sehr gut begründen.“

Kontrollen seien in diesem Sommer sowieso deutlich häufiger vorgenommen worden als in den Vorjahren, machte der Erste Polizeikommissar des Kommissariats Holzminden, Burkhard Schramm, deutlich. Die Einsatzgruppe Krad stehe zwar aufgrund der Größe der Inspektion nur in begrenztem Maße zur Verfügung, aber die Proteste der letzten Zeit hätten da schon Wirkung gezeigt. Auch in Zukunft werde es regelmäßig weitere Lärmmessungen geben, so Schramm.  

Der Vorschlag von Dezernentin Manuela Schäfer, es stattdessen mit zu vernünftigem Fahren auffordernden Plakaten und Transparenten zu versuchen, fand schließlich breite Zustimmung bei allen Gesprächsteilnehmern. Die Aufstellung solcher Mahnhinweise könnte von den Straßenmeistereien sowohl des Landkreises als auch der Landesbehörde problemlos mit übernommen werden. Und auch die Anschaffung von ein oder zwei Lärmdisplays sei denkbar. Doch an deren Finanzierung müssten sich die betroffenen Gemeinden und Samtgemeinden auf jeden Fall beteiligen, weil am Ende sie doch die eigentlich Zuständigen seien, stellte Michael Schünemann klar.      

Überhaupt gelte es abzuwägen zwischen den Interessen der Anwohner und denen der Gastronomen andererseits. Es gebe eine Menge Leute im Landkreis, die vom Motorradtourismus lebten. Ein nächstes Treffen solle deshalb mit beiden betroffenen Seiten stattfinden, um die Problematik einmal aus verschiedenen Perspektiven zu beleuchten, meinte der Landrat.      

Foto: Peter Drews/Landkreis Holzminden