Bodenwerder. Als Bürgermeisterin und Mutter habe ich mir in den letzten Wochen viele Gedanken zu unseren Schulen im Kreis Holzminden gemacht. Ich habe mich an meine eigene Schulzeit erinnert und die Schulzeit meiner Kinder reflektiert. Was habe ich besonders geschätzt? Wo stehen wir im Jahr 2020 – in einer Zeit in der Globalisierung, Digitalisierung & Leistung großgeschrieben werden? Und was lehrt uns die Corona-Pandemie? Muss es immer höher, schneller & weiter sein? Oder darf es auch langsamer, bewusster & menschlicher gehen?

Als ich mich in 2016 für die Kandidatur zur Hauptverwaltungsbeamtin entschieden habe, hatte dies gute Gründe. Bewusst habe ich mich seinerzeit für unsere Dorfschulen positioniert. Die Grundlage für eine Entscheidung zu Schulschließungen bilden oftmals ökonomische Gründe. Man schließt eine Schule allerdings nur einmal. Die Konsequenzen einer Schulschließung auf die gesellschaftliche und wirtschaftliche Entwicklung im ländlichen Raum werden oftmals außer Acht gelassen. Die betriebswirtschaftlichen Vorteile sind nur eine Momentaufnahme.

Die Folgen sind katastrophal. Es ist sicherlich ein Leichtes, eine in die Jahre gekommene Immobilie zu schließen, vielleicht sogar abzureißen und an anderer Stelle eine große, moderne Schule zu bauen. Doch was muten wir unseren Kindern und unserer Struktur mit diesem Entschluss zu?

Erst einmal bietet das Schulzentrum der Oberschule eine hervorragende Infrastruktur. Sporthallen, Sportplätze, eine Kletterwand und sogar ein Hallenbad bieten ideale Voraussetzungen nicht nur für den Schulalltag, sondern fördern auch außerschulische Aktivitäten. Mit der Schließung unserer Oberschule, verschwindet nicht nur ein Bildungsangebot, sondern auch ein Identifikationskern unserer Samtgemeinde, unserer Heimat. Eine Stärkung unseres Oberschulstandortes hingegen unterstützt unsere regionalen Entwicklungspläne. In den letzten Jahren haben wir viel Zeit und Geld in den Ausbau unserer Krippen und Kindergärten investiert.

Junge Familien entscheiden sich bewusst für den ländlichen Raum, da Immobilien oder Mieten bezahlbar sind und Kinder und Jugendliche geborgen und frei aufwachsen dürfen. Gerade in der Corona-Pandemie dürfen wir erleben, wie wertvoll unser Lebensraum ist. Die Vorteile von kleinen Systemen sind herausragend. Kinder und Jugendliche können auf großem Raum weiterhin individuell betreut und beschult werden. Durch lange Schulwege wird jungen Menschen die Chance genommen, Freizeit selbst zu organisieren und dabei Eigeninitiative, Kreativität und soziale Kompetenzen zu erlernen. Unsere Vereine und Verbände hungern aus und das Ehrenamt wird geschwächt. Gerade im außerschulischen Bereich eignen sich Kinder und Jugendliche wichtige Lebenskompetenzen an und stärken ihre Persönlichkeitsentwicklung. Neuerdings präsentiert sich unsere Oberschule als „Projektschule Informatik“. Die Schüler(-innen) werden optimal und verantwortungsbewusst auf unsere digitale Welt vorbereitet. Des Weiteren verfügt die Oberschule über ein funktionierendes Netzwerk in alle Bereiche unserer Berufswelt. Wirtschaft, Handel, Handwerk, Pflege, usw. – auch wir brauchen Fachkräfte, die sich mit unserer Heimat identifizieren und unsere Region mit ihrem Wissen und Können bereichern – die bewusst hier bleiben!

Zusammenfassend möchte ich sagen, lassen Sie uns nicht reagieren, sondern agieren! Lassen Sie uns gemeinsam mit dem Landkreis moderne und kreative Konzepte an einem uns liebgewonnen Standort im Schulzentrum in Bodenwerder entwickeln. Lassen Sie uns gemeinsam als Stadt, Samtgemeinde & Landkreis Synergien nutzen! Lassen Sie uns Fördermöglichkeiten für Klimaschutzmaßnahmen prüfen!

Lassen Sie uns gemeinsam neue und kreative Wege gehen, um die Schulen des Landkreises zu stärken. Vielleicht ist genau jetzt der richtige Zeitpunkt für unsere Oberschule, denn sie ist ein wichtiger Teil unserer Bildungsgemeinde!

Tanya Warnecke
Samtgemeindebürgermeisterin der Samtgemeinde Bodenwerder-Polle &
Stadtdirektorin der Münchhausenstadt Bodenwerder

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