Holzminden (red). Vielleicht kann man sagen, es gehört zum Schülersein dazu, Regeln zu hinterfragen, Grenzen auszutesten und manchmal auch etwas unreflektiert Risiken einzugehen, deren Tragweite man nicht ganz überschauen kann oder will. So wird sich wohl jeder Mensch an Ereignisse in seiner Schulzeit erinnern, in denen allein die Tatsache, dass eine Regel bestand, notwendig ein mehr oder weniger unwiderstehliches Bedürfnis erzeugte, diese irgendwie im Spektrum vom leichten Ignorieren bis hin zur gefühlten Anarchie auszutesten.
Nun, die Lehrenden an den Schulen kennen ihre Schützlinge und so sind sie durchaus mit äußerst gemischten Gefühlen auf die Herausforderungen der "neuen Normalität" zugegangen - Corona ist eingeschlagen und erwartet nun das, was eigentlich nicht möglich sein kann: Genau diese Schülerinnen und Schüler, die früher z.T. nicht einmal dazu bereit waren, ruhig auf Stühlen sitzen zu bleiben, sich zuverlässig pünktlich in einem Raum einzufinden und bezüglich Kleidung einen dezidiert herausfordernden Geschmack pflegten - genau diese Truppe sollte nun penible Corona-Regeln mit Masken- und Abstandspflicht einhalten!
Doch dieser Sorge haben die Schülerinnen und Schüler der oberen Jahrgänge (die unteren folgen in den kommenden Wochen) am Campe-Gymnasium ein deutliches Ausrufezeichen entgegengesetzt: Wenn wir wollen, dann ist es für uns auch kein Problem! Mittlerweile sind entsprechend des Plans von Kultusminister Grant Hendrik Tonne mehrere Klassen- und Jahrgangsstufen wieder (mit halbierten Lerngruppen) vorsichtig im tatsächlichen Unterricht in der Schule angekommen und es zeigt sich, dass das Schülersein auch darin bestehen kann, genau dann Regeln einzuhalten, wenn es wirklich darauf ankommt. So sind am Campe nun junge Menschen dabei zu beobachten, wie sie im 1,5-Meter-Abstand-Gänsemarsch und mit Gesichtsmaske Pfeilen und Wegen folgen, Schülerinnen und Schüler waschen und desinfizieren sich selbstständig die Hände, toben nicht durch die Klassen, sondern bleiben auf ihren mit Abstand zum Nachbartisch festgelegten Plätzen.
Und sogar in den Pausen begeben sie sich in die Bereiche, die ihnen im Sinne der möglichst idealen Nachvollziehbarkeit von Infektionsketten zugewiesen wurden. Corona hat seine Ernsthaftigkeit gezeigt und das gesamte Campe hat sie verstanden. So sind die Verantwortlichen um Schulleiterin Frau Schroth froh, dass ihre in langwieriger kleinteiliger Arbeit entworfenen Pläne ihren Zweck nun also mehr als erfüllen, sogar wichtige Oberstufenklausuren können noch an Corona-Bedingungen angepasst geschrieben werden. Der Weg in die "neue Normalität" funktioniert.
Foto: Campe