Brakel (red). Wenn Ulrich Haupt die Fitness-App auf seinem Smartphone öffnet, staunt er manchmal selbst nicht schlecht. Mehr als 500.000 Schritte legt der Postbote durchschnittlich im Monat zu Fuß zurück. "Für meine Knie ist das eine enorme Belastung", sagt der 57-Jährige, "und dann machten sie plötzlich schlapp."

Es war der Sommer 2015, der für Ulrich Haupt aus Eschershausen alles veränderte. Die Schmerzen im linken Knie wurden immer stärker, Schmerztabletten schlugen nicht mehr an. Um eine zweite ärztliche Meinung einzuholen, kam er in das St. Vincenz Hospital in Brakel zu Dr. Dragan Jeremic, Oberarzt für Orthopädie und Unfallchirurgie. Dieser setzte dem Postboten schließlich eine Knieprothese ein. Wenige Monate später erfolgte die gleiche Operation am rechten Knie. "In keinem Krankenhaus habe ich mich so gut aufgehoben gefühlt wie in Brakel", blickt Ulrich Haupt zurück.

Nach den Operationen verordnete sich Ulrich Haupt ein ambitioniertes Sportprogramm: Schwimmen, Fahrradfahren, Treppensteigen und Physiotherapie. Dass er wieder gesund werden muss, stand für den 57-Jährigen von Anfang an fest. "Ich bin ein Arbeitstier. Mich konsequent auszuruhen, das kann ich nicht so gut", sagt er mit einem Schmunzeln auf den Lippen.

Täglich geht er 25 Kilometer zu Fuß, erklimmt bis zu 50 Stockwerke und steigt etwa 400 bis 500 Mal aus seinem Postwagen ein und aus. Aber auch privat hält er nur ungern die Füße still und verbringt seine Freizeit am liebsten mit seinem Sohn Jan (21) beim Holzschlagen oder im Garten.

Für Dr. Dragan Jeremic ist Ulrich Haupt ein überdurchschnittlich aktiver Patient. "Nicht jeder unserer Patienten läuft so viel wie Ulrich Haupt. Allein wegen seines Jobs war es ihm wichtig, wieder vernünftig auf die Beine zu kommen", sagt der Oberarzt, der jährlich etwa 160 Prothesen einsetzt. Dr. Jeremic: "Die Betroffenen sollen wieder so mobil wie möglich werden. Im Idealfall vergessen sie sogar ihr künstliches Kniegelenk."

Infokasten

Dr. Dragan Jeremic setzt auf ein neues Verfahren zum Einsatz künstlicher Gelenke, das er aus seiner Zeit als Arzt in Chicago mitgebracht hat. Dabei geht es um eine natürliche Ausrichtung der Prothese, die die individuelle Anatomie des Patienten berücksichtigt und den Zustand des Gelenks vor dem Verschleiß wiederherstellen soll.

Am Computer berechnet der Orthopäde dabei auf Basis von Röntgenaufnahmen den genauen Winkel, in den er das künstliche Gelenk setzen muss. "Beim Sägen der Knochen darf kein unnatürlicher Spalt entstehen, die ursprüngliche Geometrie des Gelenks, der Bänder und Gewebe soll erhalten bleiben. Das ist wichtig für schmerzfreie Bewegungsabläufe", so Dr. Jeremic. Mit dem neuen Verfahren konnte Jeremic die Zufriedenheit seiner Patienten deutlich steigern. Auch immer mehr Ärzte aus dem In- und Ausland informieren sich darüber.

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