Delligsen (st). Am vergangenen Freitag trafen sich Mitglieder der verschiedenen Delligser Vereine und des Rates zur alljährlichen Grenzbegehung. Diese, vom Werbe-Interessen-Ring Delligsens zusammen mit der Delligser Freiwilligen Feuerwehr organisierte Wanderung sollte die Teilnehmer zunächst mittels eines Bustransfers zum Roten Fuchs bringen. Von dort aus startete die Wanderung jedoch nicht wie erwartet zurück nach Delligsen, sondern weiter in die Richtung des Holzminder Landkreises.

Auf den Spuren des Nationalsozialismus im Hils führten Michael Grotjahn und Frank-Martin Welzig die Teilnehmer der Grenzbegehung oberhalb des Stollens Gustav dem Sandweg folgend an der südlichen Außenflanke des Hilses entlang. In diesem Gebiet befanden sich in der NS-Zeit verschiedene Zwangsarbeitslager.

Durch die zunehmenden Bombardierungen der verschiedenen Rüstungswerke, wie auch die Volkswagen Werke in Wolfsburg, wurden die Produktionsstätten zunehmend in unterirdische Örtlichkeiten verlegt. So auch in die Stätten des Hilses, die sich mit den zahlreichen Stollen und der bewaldeten Fläche besonders gut dafür eignete.

Die eingesetzten Arbeitskräfte in dem Stollensystem des Hilses waren Zwangsarbeiter unterschiedlicher Herkunftsländer wie Russland, Polen, Frankreich oder Italien, aber auch Zuchthausinsassen und verfolgte Juden aus dem Landkreis Holzminden.

Weiter dem Sandweg folgend kamen die Delligser Grenzbegeher auch an dem ehemaligen Wahrzeichen des Hilses vorbei, der Stelle wo einst der Förderturm der Asphaltgrube Herzog Wilhelm stand. Jedoch ist dieser, im Fachwerkstil erbauter Turm nicht mehr erhalten. An seiner Stelle ist nun ein pyramidenartiger Berg aufgeschüttet, der den Schacht des Förderturms verschließen soll. Zur Zeit der Zwangsarbeit im Hils wurde mittels Seilbahn der geförderte Asphaltkalt nach Eschershausen zur Weiterverarbeitung abtransportiert. Dem Förderturm angeschlossen waren die Baracken für die polnischen Zwangsarbeiter.

Nach einer durch die Freiwillige Feuerwehr organisierten Pause mit einer kleinen Stärkung und kühler Getränke für die Wanderer sollte die Grenzbegehung dem Bohlweg, weiter zur Bundesstraße 64 bei Lenne, folgen. Im Waldgebiet rechts und links des Weges verlaufend können noch heute einige Fundamente der alten Baracken erkannt werden.

Einer dieser Baracken wurde im Waldgebiet auf ehemaligen Fundamenten nachgebaut und kann bei den Kreisvolkshochschulen-Exkursionen besichtigt werden.

Die Teilnehmer der Grenzbegehung, darunter auch die Landrätin des Holzminder Landkreises Angela Schürzeberg und die Delligser Kreistagsabgeordnete und stellvertretende Bürgermeisterin Sabine Tippelt, zeigten sich von den Gedenkstätten und den Überresten der Lager sehr beeindruckt. 

Landrätin Angela Schürzeberg weist die Teilnehmer auch nochmals auf den von Schülern erstellten Lehrpfad der Lenner-Lager und die Dauerausstellung „Zwangsarbeit für die Rüstung im Nationalsozialismus“ in der Ausstellungsbaracke hin.

Zum Abschluss der Delligser Grenzbegehung wurden die über 50 Teilnehmer wieder mittels des Bustransfers zurück zum Gerätehaus der Freiwilligen Feuerwehr Delligsen gefahren. Dort wurden die Wanderer bereits mit Gegrilltem, Salaten und kühlen Getränken von den Feuerwehrkameraden erwartet.

Im Austausch unter den Teilnehmern konnte während und nach der Grenzbegehung große Begeisterung vernommen werden, einige Delligser kannten diese gezeigten Stellen des Hilses in dieser Form noch nicht und waren auch von dem fundierten, umfassenden Hintergrundwissens von Michael Grotjahn positiv beeindruckt. Dieser wies für Interessierte auch nochmals auf die Buchreihe von Detlef Creydt hin, die sich mit der Zwangsarbeit im Hils befasst.

Insgesamt ist die „mal etwas andere Grenzbegehung“ von Frank-Martin Welzig und Michael Grotjahn bei allen Teilnehmern sehr gut angekommen und mit großer Wahrscheinlichkeit in Erinnerung geblieben. Den einen oder anderen wird man mit Sicherheit bei den nächsten Exkursionen der Kreisvolkshochschule Holzminden zu den Lenner-Lagern antreffen oder eigenständig dem Gleisweg folgend durch den Wald wandernd beobachten können.

Fotos: st