Das Zukunftszentrum Holzminden-Höxter (ZZHH) hatte jetzt zu einer bundesweiten Tagung ins „Haus der Kirche“ in Kassel eingeladen. Rund 100 Gäste diskutierten mit renommierten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern über Gegenwart und Zukunft der Dörfer und was es eigentlich bedeutet, im Dorf alt zu werden.

Die Versorgung Hochaltriger, also über 80-Jähriger, wird in vielen ländlich geprägten Regionen als äußerst problematisch angesehen. Junge Erwachsene verlassen ihre Dörfer, es werden weniger Kinder geboren und die Menschen werden dank der steigenden Lebenserwartung immer älter. Gleichzeitig wandelt sich die Dorfgemeinschaft. „Früher bestanden im Dorf klar definierte Hierarchien und Abhängigkeiten und die soziale Kontrolle war viel größer. Heute ist die Dorfgemeinschaft liberaler, vieles wird durch freiwilliges Engagement auf die Beine gestellt“, beschrieb Prof. Dr. Ulrich Harteisen von der HAWK Hochschule für angewandte Wissenschaft Hildesheim/Holzminden/Göttingen und Direktor des Zukunftszentrums den gesellschaftlichen Wandel der Dörfer in seinem einführenden Vortrag.

„Das Alter ist die vielfältigste Lebensphase. Die individuellen Unterschiede sind in einer Gruppe von 80-Jährigen viel höher als in einer Gruppe von Fünfjährigen. Zwar nimmt das Risiko, hilfe- oder pflegebedürftig oder demenzkrank zu werden, bei Hochaltrigen deutlich zu, aber nicht alle sind pflegebedürftig oder dement“, stellte Prof. Dr. Josefine Heusinger von der Hochschule Magdeburg-Stendal in ihrem Vortrag fest, als sie einen Überblick über Forschungsergebnisse zu Hochaltrigen gab.

Auf die besonderen Herausforderungen, die sich angesichts des Infrastrukturrückbaus und der fortschreitenden Alterungsprozesse in Dörfern stellen, gingen Prof. Dr. Susanne Kümpers und Christina Kühnemund von der Hochschule Fulda ein. Hochaltrige Menschen hätten besondere Ansprüche an medizinische und pflegerische Versorgungsleistungen, aber auch Bedürfnisse, die sich vor allem aus dem Wunsch nach sozialen Kontakten speisten. Vereinsamung gelte neben der Altersarmut als ein großes Problem gerade in ländlichen Regionen, so Kümpers. Claudia Busch, Wissenschaftlerin am Zukunftszentrum, gewährte im Anschluss durch Originalzitate aus Forschungsprojekten zu Senioren in ländlichen Räumen und Filmen einen authentischen Einblick in die Lebenslage hochaltriger Menschen.

In verschiedenen Themenforen wurden modellhafte Projekte vorgestellt, die nicht nur Wohn- und Pflegeangebote für ältere Menschen in ihrem Portfolio haben, sondern in denen Begegnungsorte für Alt und Jung geschaffen wurden.

„Ehrenamtliches Engagement zeigt vielerorts in beeindruckender Weise, wie kreativ und innovativ Angebote für Hochaltrige geschaffen werden können. Wir sollten die Sozialpolitik jedoch nicht aus ihrer Verantwortung entlassen, eine adressaten- und realitätsnahe Versorgungsinfrastruktur zu gewähren“, resümierte Dr. Alexandra Engel, Professorin für Soziale Arbeit an der HAWK in Holzminden und Direktorin des Zukunftszentrums Holzminden-Höxter, die gut besuchte Veranstaltung, in der Wissenschaft und Praxis in vielen Gesprächen zueinander fanden.

Über das Zukunftszentrum Holzminden-Höxter:

Das Zukunftszentrum Holzminden-Höxter (ZZHH) der niedersächsischen HAWK Hochschule für angewandte Wissenschaft und Kunst und der nordrhein-westfälischen Hochschule Ostwestfalen-Lippe ist ein länderübergreifendes transdisziplinär arbeitendes Forschungszentrum. Grundidee ist es, regionale Innovationen vor dem Hintergrund der demografischen Entwicklung sowie regionaler und lokaler Entwicklungsprozesse in Wirtschaft, Zivilgesellschaft, Politik und Verwaltung zu entwickeln und so die Potenziale dieser Wirkungs- und Interessensfelder mit ihren Akteuren zu identifizieren und zu nutzen. Weitere Informationen unter: www.das-zukunftszentrum.de.

Foto: ZZHH Holzminden-Höxter