Dassel (red). Die Herbstferien nutzte eine Studiengruppe des Seminarfachs „Rom“ von der Paul-Gerhardt- Schule unter der Leitung von Detlef Hasse, die Stadt zu „erpilgern“ und hinlänglich Erarbeitetes mit eigenen Augen zu betrachten. Zu der Studiengruppe von Schülerinnen und Schülern des 12. Jahrgangs gesellten sich auch Kolleginnen und Kollegen und Eltern. Schon im Vorhinein musste allen klar sein, dass ein anspruchsvolles Programm vor einem lag, was diese Reise auch zu einer Bildungsreise ohnegleichen werden ließ. Wer Rom kennt, weiß, dass sich hier in unvergleichlicher Weise Geschichte und ein besonderes Lebensflair verbinden:
Enge verschlungene Gassen, Kopfsteinpflaster, kleine Bars, viele Touristen, Wäscheleinen zwischen den hohen alten Gebäuden, heruntergekommene Fassaden und italienisches Stimmengewirr, aber auch ein Monument neben dem Nächsten. Rom hat eine Vielzahl von herrlichen Gebäuden, Brunnen, Plätzen und Gärten zu bieten und scheint eine der kulturreichsten Städte überhaupt zu sein. Überall gibt es Antikes zu entdecken. Die Schülerinnen und Schüler hatten im Rahmen ihrer Seminararbeit zu verschiedenen Themen gearbeitet und konnten vor Ort sachkundig berichten. Die Führung und Organisation hat Detlef Hasse übernommen, der ebenfalls vor Ort facettenreiche Führungen anbot. Der erste Programmpunkt der Reise war der Besuch der ‚Mutter aller Kirchen’ - die Erzbasilika San Giovanni. Sie ist die Kathedrale des Bistums Rom und eine der sieben Pilgerkirchen. Sie gehört zum Gebäudekomplex des Lateran, der seit der Zeit Konstantins I. der offizielle Sitz der Päpste ist. Gebaut wurde sie im 4. Jahrhundert, jedoch wurden im Laufe der Zeit einige Umbauarbeiten vorgenommen, weshalb sie architektonische Merkmale des Mittelalters, Klassizismus und des Barocks aufweist. Sowohl die Fassade der Basilika als auch das Innenleben hinterlassen einen prunkvollen Eindruck. Hervorzuheben sind die 15 Statuen auf der Barrikade. Der Innenraum ist geschmückt mit eindrucksvoller Deckenmalerei und kunstvollem Marmorfußboden. „Der Besuch war sehr beeindruckend und für mich persönlich unvergesslich“, so Lara Faesel.
Der zweite Tag in Rom begann auf dem Piazza Barberini, einem Platz inmitten der Altstadt von Rom, der nach dem angrenzenden Palazzo benannt wurde.++ In der Nähe des Platzes wurde zunächst das Kapuziner-Kloster in der berühmten Via Venoto besucht. Zunächst wurde eine Ausstellung vom Orden der Kapuziner besichtigt. Neben zahlreichen Gemälden wurden dort auch Alltagsgegenstände der Mönche präsentiert, etwa Bibeln, Kreuze und Gewänder. Anschließend betrat die Gruppe das Ossarium, zu deutsch Beinhaus. Dieses Beinhaus bestand aus sieben Kammern, die mit den Knochen von über dreitausend Menschen dekoriert und angefüllt worden waren. Je nach Kammer fanden unterschiedliche Knochen Verwendung, auch wenn sich einige Zierelemente wiederholten. Zwischen den aufgeschichteten Knochen waren außerdem vollständige Skelette bzw. Mumien von Kapuzinermönchen gebettet. Besonders auffällig war ein Kinderskelett, das mit einer knöchernen Sense und einer Sanduhr das Topos des Barock ´memento mori ´ ausdrückte. „Dieser durchaus ungewohnte Anblick war ziemlich einprägsam und gab Gelegenheit zum individuellen Nachdenken. Diese Eindrücke und Gedanken sind es, die einem bei dem Anblick tausender sorgfältig präparierter, menschlicher Knochen in den Sinn kommen, die die besondere Wirkung und Bedeutung des Ortes ausmachen“, versicherte Torben Böker.
Nach einem kurzen Fußweg erreichte die Gruppe schließlich den Palazzo Barbarini, der von riesigen Palmen und einer schönen Gartenanlage umgeben war. Schon beim Betreten des Geländes sah man das Staunen in vielen Gesichtern, das noch größer wurde, als alle schließlich direkt vor dem Palast standen. Dieses eindrucksvolle Gebäude im Stil des Barocks ist aber nicht nur durch seine schöne und kunstvolle Fassade sehenswert, sondern auch der sich dahinter befindende Garten sowie das Innere des Palasts sind atemberaubend. In einem Bereich des Palasts befindet sich ein Teil der Nationalgalerie, der anschließend besichtigt wurde. Besonders beeindruckend waren dort die prunkvollen Deckengemälde, die nahezu jeden Raum schmückten. Den Höhepunkt dieser Besichtigung bildete für viele ein Gemälde, das die gesamte Decke des größten Raumes der Ausstellung bedeckte. Da der Raum bis auf die Decke eher schwach beleuchtet wurde, lag der Fokus und die gesamte Aufmerksamkeit auf dem riesigen Kunstwerk an der Decke, von dem man seine Augen kaum lassen konnte. Erstaunlich waren nicht nur die verschiedensten menschlichen Darstellungen, sondern auch die Maltechnik, die bewirkte, dass Bildelemente förmlich aus dem Gemälde hervorragten und fast dreidimensional ins Auge stachen. Für Pearl Voigt war die Besichtigung des Palasts eindeutig ein Highlight der Reise, „bei der uns sowohl die Eindrücke der Kunst als auch die der Architektur zum Staunen brachte.“
An der Spanischen Treppe konnte die Gruppe dann pausieren und flanieren, das römische Eis genießen und alle Eindrücke nachwirken lassen.
Mittwoch stand die Audienz beim Papst auf dem Programm. Mit Tausenden von Menschen nahm die Gruppe den Segen des Papstes entgegen und konnte dem Procedere des Gottesdienstes aufmerksam folgen. Am Nachmittag konnten in Eigenregie die Engelsburg, das Pantheon und der Trevibrunnen besucht werden.
Am folgenden Tag bewegte sich die bunt gemischte Pilgergruppe bei bestem Sonnenschein, vom „Schlüsselloch“ auf dem Aventin, einem der sieben Hügel Roms, stadteinwärts in Richtung Tiber, um dort auf der Tiberinsel ein ungewöhnliches Ziel anzusteuern: Den Ausfluss der beinahe 2600 Jahre alten cloaca maxima. Über die Hygienebedingungen im alten Rom hatte Karl Schondorff seine Seminararbeit verfasst und konnte nun sachkundig berichten.
Der Weg dorthin führte über die älteste noch ursprünglich erhaltene Brücke Roms, den „Ponte dei Quattro Capi“ oder auch nach dem Erbauer Lucius Fabricius: „Ponte Fabricio“ genannt. Diese mehr als 2000 Jahre alte ehrwürdige Brücke verbindet für Fußgänger die Tiberinsel mit dem Altstadtkomplex des Forum Romanum‘.
Auf der Tiberinsel angekommen ging es auf einer miefigen Treppe abwärts direkt zum Tiberufer, sie sollte ein erster Vorgeschmack für den Umgang der Römer mit „ihrem“ Tiber sein, denn der Weg zum Ausfluss der cloaca maxima wurde gesäumt von Abfällen und Unrat, der sich am Ufer anhäufte. Im Wasser des kräftigen Flusses Tiber schwammen die Plastikflaschen und Tüten der Römer umher. Allseits belastete die Pilgerschaft außerdem ein feucht modriger Geruch, der vom Fluss auszugehen schien. Dennoch konnte all dies nicht das Staunen der Pilgerschaft mindern, als sie den gut drei Meter breiten und stattliche vier Meter hohen Ausfluss erblickten. Zumal das umliegende Ambiente, mit der Basilika „San Bartolomeo“ im Rücken, trotz seines hohen Verschmutzungsgrads, aufgrund seiner Lage gewaltig zum Staunen einlud.
Beindruckend war der Kontrast, der sich aus der Verschmutzung am Tiber und der alten Hygieneeinrichtung cloaca maxima ergab; denn sie war es, die bereits ab ungefähr 600 vor Christus die Exkremente und Abfälle der alten Römer effektiv abtransportierte. Sie war ,als wohl erster Abwasserkanal der Welt, der Grundstein für viele weitere Hygieneeinrichtungen der Römer, wie z.B. die Thermen und Latrinen. „Im Nachhinein hat mich die Besichtigung des Ausflusses der cloaca maxima beeindruckt, da die Römer tatsächlich bereits vor über 2000 Jahren über die Abwässer nachdachten und Lösungen entwarfen, die noch heute erhalten sind; zudem war es ein besonderes Erlebnis für mich, den Bestandteil dessen vor Augen zu haben, worüber ich monatelang zuvor geforscht hatte. Im Großen und Ganzen halte ich den Besuch der Tiberinsel mit Blick auf den Ausfluss der cloaca maxima in allen Facetten für sehenswert“, gab Karl Schondorff, der vor Ort ebenfalls einen Vortrag hielt, in seinem Statement an.
Der Petersdom, das Kolosseum, das Forum Romanum, die Katakomben und verschiedene Basiliken beeindruckten alle Teilnehmer und Teilnehmerinnen. Architektonische Vielfalt, historische Stätten und Veranschaulichungen vieler christlicher Motive gaben immer wieder Anlass, dem Flair Roms nachzuspüren.
Am Abreisetag wurde das Ghetto embraico, also das jüdische Viertel, besucht. Seit 1555 waren die römischen Juden dazu verpflichtet, in diesem abgegrenzten Bereich der Stadt zu leben. Erst im Jahr 1870 wurde das Ghetto aufgelöst und die Menschen durften sich wieder frei in der Stadt bewegen. Beim Betreten des Viertels gelangte man zunächst auf einen kleinen Platz, in dessen Mitte sich die Fontana delle Tartarughe, ein Springbrunnen der Renaissance, befand. Durch die Anhäufung von kleinen Gassen und Plätzen vermittelte dieser Stadtteil ein nahezu „dörfliches“ Ambiente. „Zum Abschluss besuchten wir ein Restaurant und wurden von Herrn Hasse eingeladen, koshere Speisen zu genießen. Der Besuch des jüdischen Viertels stellte einen interessanten Abschluss für unsere Fahrt nach Rom dar, welche einen unvergesslichen Eindruck hinterlassen hat“, bemerkte Anna Moersener. Im Ganzen war diese Reise für alle Mitreisenden sehr schön und dicht an Eindrücken.
Foto: PGS