Kirchbrak. Letzte Woche wurde uns nicht nur unsere Schule genommen – sondern auch das Vertrauen in eine faire und transparente Politik. Unsere Kinder haben gelernt, dass ihre Meinung nicht zählt. Wir Bürger haben gelernt, dass unsere Stimmen nicht gehört werden!
Die Entscheidung, unsere Schule zu schließen, ist gefallen – doch nicht, weil es die beste Lösung ist, sondern weil Prognosen, Kostenansätze und Intransparenz die Grundlage bilden. Warum wurde nicht erst ein Konzept erstellt, bevor so weitreichende Maßnahmen beschlossen wurden?
Viele Fragen - keine Antworten
Auf unsere Fragen haben wir keine Antworten erhalten. Unsere Fragen wurden gesammelt und statt auf unsere Bedenken einzugehen, wurden uns von einigen Ratsmitgliedern im Anschluss abgelesene Monologe vorgesetzt, die wenig mit unseren Fragen zu tun hatten. Es war eine Aneinanderreihung festgefahrener Meinungen, die nicht hinterfragt oder verändert werden durften. Aber, Herr Rode, sollten wir nicht alle in der Lage sein dürfen, unsere Ansichten zu hinterfragen und zu überdenken? Es sollte doch möglich sein, auf die Bedürfnisse und Sorgen der Menschen einzugehen. Oder hatten Sie, liebe Ratsmitglieder, Angst zu Antworten, weil Sie keine Antworten haben? Für uns ist es offensichtlich: Der Beschluss stand bereits fest, bevor er offiziell beschlossen wurde. Aber warum? Diese einfache Frage bleibt ebenfalls unbeantwortet.
Eine schwierige Haushaltslage auf der einen Seite, auf der anderen Seite wird die sinkende Schülerzahl als Grund angeführt. Einige Ratsmitglieder halten eine Gesamtbeschulung unserer Kinder für bedenklich – und das nicht nur finanziell, sondern auch aus pädagogischer Sicht. Aber, liebe Entscheidungsträger: Mit welchen Pädagogen haben Sie sich über diese Themen ausgetauscht? Haben Sie die Sorgen der Eltern wirklich gehört? Wie können Sie solche Entscheidungen treffen, ohne die Perspektiven derer einzubeziehen, die tagtäglich mit unseren Kindern arbeiten? Und wenn Sie schon gerne den Blick auf andere Bundesländer und große Städte richten, dann schauen Sie doch bitte genauer hin! Beschäftigen Sie sich z.B. mit dem JüL-Konzept bevor Sie endgültige Entscheidungen treffen, die das Leben unserer Kinder nachhaltig verändern könnten. Können Sie die Auswirkungen auf unsere Kinder verantworten? Es geht nicht nur um Zahlen, es geht um das Wohl unserer nächsten Generation!
Es geht um mehr als Zahlen
Eine Schule wird geschlossen, aufgrund von Prognosen, die sich bislang nicht bewahrheitet haben. Noch im März dieses Jahres erklärte Herr Dornette bei der Schulausschusssitzung, dass die Schülerzahlen insgesamt steigen und dies eine gute Grundlage für die Arbeit an unseren Grundschulen darstellt. Er betonte, dass diese Entwicklung weiterhin beobachtet werden müsse und man vorschnelle Reaktionen vermeiden sollte. Zu diesem Zeitpunkt waren es 29 Kinder in Kirchbrak, heute sind es 28. Kein statistischer Wert, sondern tatsächliche Kinder, mit Namen und Gesichtern. Herr Dornette, ist es nicht eine vorschnelle, beinahe überstürzte Reaktion, vier Tage vor einer Sitzung einen Antrag auf Schulschließung für das kommende Schuljahr zu stellen – ohne stichhaltige Begründungen, ohne klare Perspektiven für die Zukunft der Kinder? Ohne einen Plan? Wo ist das Konzept, das unseren Kindern wirklich gerecht wird? Und dabei geht es nicht nur um unsere Kinder in Kirchbrak, sondern auch um die Kinder mit ihren Familien in Halle.
Ja, Kirchbrak ist eine kleine Schule. Ja, der demografische Wandel ist eine Realität, die wir nicht ignorieren können – aber diese Tatsache ist nicht neu!
Die Schulstruktur unserer Samtgemeinde ist schon seit Jahren prekär. Vor zehn Jahren standen wir, gemeinsam mit Ottenstein, schon einmal am Rand der Schulschließung. Doch was ist seither passiert? Was haben die Verantwortlichen im Samtgemeinderat unternommen, um die Schullandschaft zu stabilisieren und die Grundschulen zu fördern? Wo sind die Visionen, die den Kindern von heute und morgen gerecht werden? Hatten wir nicht ausreichend Zeit, in den letzten zehn Jahren neue, alternative Konzepte zu entwickeln und auszuprobieren? Es ist frustrierend zu sehen, wie wenig aus dieser Zeit gewonnen wurde – und noch frustrierender, dass Entscheidungen über die Zukunft unserer Kinder heute ohne die nötige Weitsicht und Planung getroffen werden. Wo bleibt der Mut, neue Wege zu gehen? Wo bleibt die Verantwortung, eine nachhaltige Lösung für unsere Schulen zu schaffen? Alles Fragen auf die wir keine Antworten bekommen.
Herr Lages brachte die Bedenken zum Ausdruck, dass die Gemeinden in Niedersachsen mit solchen Situationen offenbar alleine gelassen werden. Während in vielen anderen Bundesländern klare Vorgaben existieren, wie viele Kinder mindestens in einer Schule sein müssen, bevor sie geschlossen wird, scheint es in Niedersachsen an solchen Regelungen zu fehlen. Doch Herr Lages, lassen Sie sich gesagt sein: Auch für Niedersachsen gibt es solche Regelungen. Wenn es Ihnen schwerfällt, diese Informationen zu finden, bieten wir gerne unsere Unterstützung an. Es kann nicht sein, dass grundlegende Fakten und Kriterien übersehen werden, wenn es um so wichtige Entscheidungen geht, die das Leben unserer Kinder betreffen.
Fachausschüsse werden ignoriert
Fachausschüsse werden ins Leben gerufen, doch ihre Arbeit wird schlichtweg ignoriert. Alternative Lösungen werden gar nicht erst in Erwägung gezogen. Im März wurde nachdrücklich darum gebeten, den Arbeitskreis Grundschulen wieder einzuberufen, um angesichts der schwierigen Haushaltslage gemeinsam Lösungen zu erarbeiten und Maßnahmen zu besprechen. Doch bis zur letzten Schulausschusssitzung im Oktober blieb diese Bitte unbeachtet. Eine Beschlussempfehlung sprach der Schulausschuss im Oktober nicht aus. Was letztendlich scheinbar keine Gewichtung hatte. Was ist in dieser Zeit passiert? Gab es Uneinigkeiten, die eine Zusammenarbeit unmöglich gemacht haben? Oder war der Arbeitskreis plötzlich überflüssig geworden? Die Antwort darauf bleibt aus – das ist enttäuschend und ein weiteres Zeichen dafür, wie wenig die Beteiligung der Betroffenen und die gründliche Auseinandersetzung mit den Herausforderungen gewichtet werden.
Gelebte Demokratie ohne Gehör!
Unsere Ratsmitglieder lobten uns für unser zahlreiches Erscheinen vor und während der Samtgemeinderatssitzung, ja freuten sich regelrecht endlich mal so viele Zuhörer zu einer Sitzung begrüßen zu dürfen und bezeichneten es als gelebte Demokratie – ein Lob, das wir dankend annehmen. Doch während wir uns mit großem Stolz auf Kirchbrak und unseren unerschütterlichen Zusammenhalt berufen, müssen wir gleichzeitig feststellen, dass unsere Stimmen weiterhin ignoriert werden. Unser Engagement wird zwar anerkannt, doch die Entscheidungen, die unser Leben und das unserer Kinder betreffen, werden ohne echtes Zuhören getroffen. Es bleibt die Frage: Was nützt uns Demokratie, wenn sie in der Praxis nicht für alle gilt?
Liebe Politiker, Sie haben Ihren Job NICHT gemacht!
Ja, Sie haben die Verantwortung, die gesamte Samtgemeinde im Blick zu haben. Ja, Sie müssen Entscheidungen treffen, die im besten Interesse aller Bürger liegen. Aber wen verstehen Sie unter "allen"? Haben Sie wirklich die Stimmen der anderen Samtgemeinden, der Schulen, der Lehrer, der Eltern und der Schulbegleiter in Ihre Überlegungen einbezogen? NEIN! Denn anstatt wirklicher, einbindender Prozesse, gab es nur leere "Diskussionen", über deren Inhalt man nur spekulieren kann. Es mag sein, dass sich Meinungen im Laufe der Zeit ändern – doch ohne fundiertes Hintergrundwissen, insbesondere auch aus pädagogischer Perspektive, solch weitreichende Entscheidungen zu treffen, die das Leben von Menschen, Bürgern und vor allem von Kindern betreffen, ist schlichtweg unverantwortlich und fahrlässig! Ihre Entscheidungen basieren nicht auf einem echten Dialog und einer fundierten Analyse der Situation. Sie haben die Betroffenen nicht gehört und tun so, als seien ihre Meinungen und Bedürfnisse irrelevant. Das ist nicht die Politik, die wir brauchen! Das ist nicht die Politik, die unsere Kinder lernen sollten!
Die Schließung einer Schule, unabhängig davon, welche es in unserer Samtgemeinde betrifft, ist eine endgültige Entscheidung mit weitreichenden Konsequenzen. Wir erwarten von den Politikern, die uns vertreten, mehr als nur leere Worte. Wir fordern transparente Prozesse, echte, konstruktive Diskussionen und fundierte Entscheidungen, die im besten Interesse der gesamten Gemeinschaft getroffen werden. Wir erwarten, dass sich unsere Politiker nicht durch eine Enthaltung ihrer Verantwortung bei solch weitreichenden Entscheidungen entziehen, sondern Stellung beziehen, denn letztendlich ist eine Enthaltung ein ja zur Schließung.
Wir erwarten, dass der Fachausschuss ausreichend Zeit erhält, um alternative Konzepte zu erarbeiten und dabei alle relevanten Perspektiven zu berücksichtigen und das für alle Schulen der Samtgemeinde.
Wir wollen eine Samtgemeinde, die miteinander statt gegeneinander entscheidet – eine Samtgemeinde, in der Schulen nicht nur als Finanzposten, sondern als Herzstücke unserer Gemeinschaft gesehen werden. Nur gemeinsam können wir eine Lösung finden, die allen gerecht wird. Doch dafür müssen Sie, liebe Ratsmitglieder, endlich bereit sein, zuzuhören, alternativen in Betracht ziehen und auf die Bedürfnisse und Sorgen der Menschen eingehen.
Sarah Roßdeutscher im Namen der Elternschaft der GS Kirchbrak
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