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Mittwoch, 27. November 2024 Mediadaten Fankurve
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Höxter (sst). Eine Lesung und Vortrag von Udo Lielischkies bezüglich der aktuellen Situation zwischen Russland und der Ukraine fand vergangenen Mittwoch in der Kreisvolkshochschule Höxter statt. Udo Lielischkies ist ehemaliger ARD-Korrespondent in Moskau und verfügt somit über individuelle Kenntnisse und immenses Wissen hinsichtlich der russischen Lage. Die Veranstaltung war ausverkauft, sodass das Publikum interessiert dem zweistündigen Vortrag lauschte, der mit vielen Anekdoten ausgeschmückt war. Dadurch wurde den Zuhörern über Geschehnisse berichtet, die über die traditionelle Nachrichtenreportage hinausging und man mit individuellen Informationen bereichert wurde. Udo Lielischkies leitete seinen Vortrag mit dem Werdegang Putins ein, indem er berichtete, dass Putin bereits in seiner Jugend Spion werden wollte. Dabei sei er geprägt worden von der Serie „17 Augenblicke des Frühlings“, eine Spionageserie, datiert im Zweiten Weltkrieg. Putin war erfolgreich gewesen, sodass er mit 22 Jahren im KGB aufgenommen wurde, der damalige sowjetische, heute russische, In- und Auslandsgeheimdienst für Staatssicherheit. Putin war resultierend eine Zeit lang als KGB-Offizier in der DDR tätig. „In Dresden trank er dann Radeberger und wurde pummelig“, lockerte Udo Lielischkies die ernste Lage etwas auf. Nach dem Mauerfall kam Putin zurück nach Leningrad. Dabei sei früh festgestellt worden, dass Putin eine ausgeprägte Fähigkeit habe, Menschen zu verknüpfen. Er wüsste, wie die Menschen ticken und sei über jegliche Personen detailliert informiert. 

Nach dem Zerfall der Sowjetunion kam Putin zum Kreml, der historische Mittelpunkt und das Zentrum der Staatsmacht der Stadt Moskau. Seine Aversion gegen demokratische Prozesse hegte Putin das erste Mal, als einer seiner Kontaktpersonen als Bürgermeister keine Wiederwahl genoss. 

Der damalige Präsident Boris Jelzin verlor an Autorität, weshalb Putin ihm den Rücken stärken sollte. Damit Putin selbst jedoch Vertrauen vom russischen Volk gewinnen konnte, musste Putin berühmt werden, mithilfe eines Krieges. Es wurde ein Krieg gegen Tschetschenien angezettelt, zumal diese mehrfach von den Russen als Terroristen und als Begründer für Attentate angesehen wurden. In diesem geplanten tschetschenischen Krieg profilierte sich Putin als taff und vaterlandstreu, zumal er Russland gegen einen Feind verteidigte. Dass die Russen an die Tschetschenier Waffen verkauften, war dem Volk nicht bewusst, berichtete Udo Lielischkies.

Nach einem Deal mit Jelzin wurde Putin am 31.12.1999 zum Präsidenten ernannt. Seit seiner Präsidentschaft gilt: Loyalität schlägt Qualität. Daher ersetzte Putin dutzende von Offizieren mit ihm vertrauten und loyalen Personen. Dazu passend führte Udo Lielischkies den Vergleich des Sprichwortes „Blut ist dicker als Wasser“ an. Dadurch explodierte der Anteil an Beamten, um in jeglicher Hinsicht vernetzt zu sein. Im März 2000 unternahm Putin drei ganz entscheidende Handlungen für die Stärkung seiner Macht: Erstens dämpfte Putin jegliche Medien ein, die sein politisches Dasein anfechten würden und verkaufte folglich liberale Sender an Programme, die einen loyalen Konsens über den Kreml veröffentlichten. Zweitens begann er die Oppositionsparteien im Parlament zu schikanieren, sodass die politische Gegenseite nur noch als Blockflöten agierte und somit ihre Stimme trotz öffentlich kritischer Reden für den Kreml abgaben. Der Begriff Blockflöten wird dabei verwendet, zumal Parteien, die neben der herrschenden Partei existieren, als Blockparteien bezeichnet werden und dessen Mitglieder als Blockflöten, weil sie die Parolen der herrschenden Partei lediglich nachspielen bzw. hier „nachflöten“. Dadurch gelang es Putin, die Staatsduma, ein hohes gesetzgebendes Organ Russlands, gleichzuschalten. Der Präsident schaltete jedoch nicht nur die Duma gleich, sondern als dritte entscheidende Aktion auch die Justiz. Dies hatte zur Folge, dass Richter ihre Zulassung verloren, wenn diese beispielsweise bestimmte Straftäter, die Putin als wichtige Kontakte benötigte, nicht freisprechen wollten. 

Durch diese drei Handlungen hatte Putin den Rechtsstaat abgeschafft. Folgend verliefen auch ökonomische Prozesse über die Regierung. Udo Lielischkies beschrieb die Situation aus Putins Sicht wie folgt: „Du machst keinen Deal mehr, ohne dass der FSB [der Inlandsgeheimdienst der russischen Föderation] Anteile davon bekommt“. Nach diesem sogenannten „Raubrittersystem“ vergab Putin gewissen Personen das Recht, solange diese loyal ihm gegenüber waren, das Volk auszuplündern. Dadurch investierte Putin jedoch kaum in Bildung oder Wissenschaft, sodass er an den ökonomischen Reformen seines Landes wegen seiner Kleptokratie, eine persönliche Bereicherung durch das Ausnutzen gesellschaftlicher Privilegien, scheiterte. Dies schien aber insofern lukrativ für Putin, da er das Volk nun instrumentalisieren konnte, mit Äußerungen, wie schlecht es ihnen doch ginge. Putin wollte dadurch Zustimmung für die Abschaffung der Demokratie erzielen, indem er dem Volk mehr Stabilität und Sicherheit schenkte. „Dadurch lebt Putin dem Volk vor, er möge das Gute erzielen“, erklärte der ehemalige ARD-Korrespondent. Als Putin jedoch mit der Zeit an Zuspruch und Autorität im Volk verlor, brauchte Putin ein Feindbild, um Kritik im Volk ruhig zu stellen. Denn wer in Kriegszeiten noch „rumnörgelt“, sei ein Vaterlandsverräter. Resultierend wollte Putin die Dreifaltigkeit der Länder Großrussland, Weißrussland sowie Kleinrussland, also die Ukraine, wiederherstellen, zumal Kiew als Mutter aller russischen Städte gelte und die Ukraine ein zentraler Vorhof Russlands sei, sodass Putin den Krieg am 24. Februar 2022 gegen die Ukraine begann. 

Udo Lielischkies beantwortete im Folgenden Fragen aus dem Publikum, nachdem er detailliert Bericht erstattet hatte. Zum einen wurde die Frage gestellt, wie man diesem Krieg ein Ende setzten könne. „Die Russen pflegen das Gefühl, das einzig wahre Souverän zu sein, während die umgebenen Provinzen lediglich Untertanen sind. Sie fühlen sich als eigenständige Welt und als Gegenmodell zum Westen, sodass die einzige Möglichkeit für die Abschaffung des Putin-Regimes eine russische Niederlage im Ukrainekrieg ist“, beantwortet der ehemalige ARD-Korrespondent die Frage. Er fügt hinzu, dass man dafür viel mehr Waffen in die Ukraine liefern muss. Die ersten Sanktionen vergangenen Jahres seien dabei ein Witz gewesen, da durch dieses inadäquate Verhalten, Putin sogar zum Angriff ermutigt worden sei. Während Putin mittlerweile jedoch viele Kriegsschulden gemacht hat, stehen die Ukrainer voll und ganz hinter ihrem Land, weil sie wissen, wofür sie kämpfen. Dies wird daran deutlich, dass jeder, egal welche Berufsgruppe oder Geschlecht angehörig, kämpft. Beispielsweise befinden sich 50.000 Frauen in der ukrainischen Armee neben Handwerkern, Buchhändlern, Musikern oder Lehrern als Soldaten. Problematisch dabei allerdings sei noch immer die Macht Putins als riesiger Propagandaapparat. Udo Lieschiskies behauptete, wenn Putin sagen würde, dass die Erde eine Scheibe ist, dann ist das auch so. Denn die russische Bevölkerung lebe nach dem „homo sowjeticus“: Man darf den Kopf nicht zu weit raushalten, weil er sonst abgeschlagen wird. 

Eine andere Frage bezog sich auf die zukünftigen Initiativen aus chinesischer Sicht. „China vermag Russland, als Partner zu behalten, zumal Russland abhängig von chinesischen Rohstoffen ist, da Russland keine europäischen Handelspartner mehr hat. Dabei hat China jedoch Angst vor Sekundärsanktionen. Ein konkretes zukünftiges Handeln kann dabei jedoch noch nicht prognostiziert werden“, berichtete Udo Lielischkies über die Beziehung zwischen Russland und China.

Resümierend fasste der ehemalige ARD-Korrespondent in Moskau die derzeitige Lage so zusammen, dass die Ukraine dringend mehr Unterstützung benötige und das russische Regime lediglich mit einer Niederlage im Ukrainekrieg gestürzt werden könne. 

Auch nach dem Vortrag wurde vereinzelnd noch viel über die Ukraine und Russland diskutiert. Nachdem Rainer Schwiete, Leiter der Kreisvolkshochschule Höxter, das Schlusswort fasste und alle für ihre Anwesenheit dankte, stand Udo Lielischkies noch zur Buchsignierungen seines Buches „Im Schatten des Kreml“ zur Verfügung. Somit ging ein Abend der Ernsthaftigkeit verbunden mit Witz und Sympathie zu Ende.

Foto: sst

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