Sehr geehrter Herr Landrat,
bereits Ende November habe ich Ihnen geschrieben und Sie gebeten, die für den 14.12.2020 angesetzte Kreistagssitzung abzusagen. Ich hatte die Bitte mit der sich zuspitzenden Corona-Lage, auch im Landkreis Holzminden und vor dem Hintergrund der getroffenen Beschlüsse der Bundes- und Landesregierung zu den geforderten Kontaktbeschränkungen begründet. Von der 1. Kreisrätin, Frau Humburg, habe ich Antwort bekommen, dass sie mit den Fraktionsvorsitzenden der beiden „großen Parteien“ besprochen habe, die Sitzung stattfinden zu lassen. Sie erklärte mir, dass natürlich die Hygiene- und Abstandsregeln eingehalten würden und man rechtlich auf der sicheren Seite stünde. Außerdem stehe man mit dem Gesundheitsamt in ständigem Kontakt.

Im Vorfeld einer Kreistagssitzung müssen Sie per Gesetz das Benehmen mit dem Kreistagsvorsitzenden (also mit mir) über die Tagesordnung herstellen. Dies hatte ich zum Anlass genommen, Sie erneut auf das hohe Risiko einer Sitzung unter diesen Gegebenheiten hinzuweisen und somit jegliche (Teil-) Verantwortung abgelehnt. Von Ihrer Sachbearbeiterin wurde ich daraufhin angemahnt meine Zustimmung zu erteilen, ansonsten würde man ohne Zustimmung einladen und die Sitzung stattfinden lassen. So ist es letztlich ja auch passiert.

Nun haben sich die Infektionszahlen im Landkreis Holzminden weiter nach oben entwickelt, (Inzidenz knapp unter 100); ich hatte bis heute gehofft, dass Sie die Kreistagssitzung doch noch absagen. Da das nicht passiert ist, nutze ich nun diesen Weg, meine Bitte nochmals an Sie zu formulieren:

Sehr geehrter Herr Landrat,
vor dem Hintergrund strikter Kontaktbeschränkungen im privaten Bereich, der zunehmenden Diskussion über einen kompletten Lockdown, der sich rasant entwickelnden Infektionszahlen im Landkreis und der im Umfeld abgesagten oder digital durchgeführten Versammlungen von Vereinen, Verbänden und Ratsgremien in den Gemeinden, bitte ich Sie die Kreistagssitzung am 14.12.2020 abzusagen, in eine entspanntere Zeit (ggf. Februar) zu verschieben und/oder dann möglicherweise digital zu organisieren. Diese Bitte wird umso eindringlicher, da bereits Demonstrationen angekündigt sind, die ein weiteres unnötiges Gefahrenpotenzial darstellen. Diese angekündigten Demonstrationen zeigen im Übrigen auch, dass es offensichtlich Themen auf der Tagesordnung gibt, die aufgrund fehlender Zeit und Möglichkeiten (Corona bedingt) in den Gemeinden vor Ort mit den Bürgerinnen und Bürgern noch nicht besprochen werden konnten. Beachten Sie bitte auch, dass Kreistagsmitglieder, die aufgrund gesundheitlicher Einschränkungen das Ansteckungsrisiko meiden müssen und deshalb Versammlungen jeder Art meiden, ihrer Mitwirkung im Kreistag beraubt werden. Es ist für mich völlig inakzeptabel, wenn der Kreistag ein falsches Signal in die Bevölkerung senden würde. Währen sich alle, im beruflichen, wie im privaten Bereich, auf die nötigsten Kontakte beschränken, müssen sich gerade die Volksvertreter solidarisch zeigen und auf jeden unnötigen Kontakt verzichten. Alle Beschlussvorlagen haben keinen existenziellen Zeitfaktor und könnten ohne Probleme im nächsten Jahr beschlossen werden. Sollte es wirklich einen zeitkritischen Beschluss geben, kann ihn der Kreisausschuss im Vorgriff auf einen Kreistagsbeschluss fassen. Diesen dazu nötigen Kreistagsbeschluss könnten Sie im Umlaufverfahren beschließen lassen.

Sehr geehrter Herr Landrat, ich hoffe sehr auf ein Einlenken Ihrerseits und teile Ihnen hiermit nochmals mit, dass ich an der Kreistagssitzung aus oben genannten Gründen nicht teilnehmen werde.

Mit freundlichen Grüßen
gez. Andreas Fischer, Vorsitzender des Kreistages im Landkreis Holzminden

*Für die Inhalte eines Leserbriefs ist einzig der genannte Autor verantwortlich, die Weser-Ith News distanziert sich von dem jeweiligen verfassten Artikel. Die jeweiligen Leserartikel enthalten dazu den Namen des Urhebers. Die Weser-Ith News behält sich das Recht vor, Leserartikel zu kürzen oder nicht zu veröffentlichen. Ein Anspruch auf Veröffentlichung besteht insofern nicht.