Kreis Holzminden (mm). Aktuell (29. März) gibt es im Landkreis Holzminden 47 Corona-Fälle, hiervon gelten mittlerweile 17 Personen als geheilt. Viele der Infizierten haben sich bei Reisen in den sogenannten Risikogebieten angesteckt, so auch eine dreiköpfige Reisegruppe bestehend aus Männern im Alter von 46 - 52 Jahren. Einer von ihnen, der Holzmindener Carsten (Infizierter wollte anonym bleiben, Name wurde von der Redaktion geändert), wandte sich mit seiner Geschichte an die Redaktion.
Der Skiurlaub in Ischgl
Jährlich sucht sich die Reisegruppe aus dem Landkreis Holzminden ein Skigebiet in Österreich aus, um dort einen gemeinsamen Urlaub zu verbringen. In diesem Jahr sollte sie ihre Reise vom 07. bis 14. März nach Ischgl führen. "Wir haben uns im Vorfeld über mögliche Gesundheitsrisiken informiert und keine Hinweise gefunden", berichtete der Holzmindener. Doch dann bekamen die Skiurlauber eine Nachricht, welche ihren Urlaub verändern sollte. "Wir haben nach dreieinhalb Tagen (Anm. d. Red. am 10. März) online einen Artikel gesehen, dass sich in einer Apres-Ski-Bar im Ort bereits 24 Personen mit dem SARS-Covid2 Virus infiziert hatten. An diesem Tag war uns eigentlich klar, dass wir wohl länger in Ischgl bleiben würden, um getestet zu werden und anschließend dort in Qurantäne zu gehen", fuhr er fort.
Doch es kam anders als gedacht: Am 11. März hat die Reisegruppe Kontakt zum Gesundheitsamt in Holzminden aufgenommen. Dort hieß es, dass jeder für sich selbst sorgen müsse und die Region noch nicht offiziell als Risikogebiet für Corona erklärt wurde. Erst am 13. März, und damit einen Tag vor dem eigentlichen Abreisetag, wurde in Ischgl reagiert. So sollten alle Urlauber, die dorthin bekanntlich aus ganz Europa zum Skiurlaub kommen, die Hotels räumen und unverzüglich abreisen. Die Skipisten wurden gesperrt und die Saison für beendet erklärt.
"Das war der absolute Wahnsinn. Das Wort 'Corona' fiel hierbei in keinem Zusammenhang. Mehrere hundert Urlauber aus Ischgl haben noch eine Nacht in Innsbruck verbracht. Die zuständigen Behörden wußten laut Medienberichten schon vor dem 10. März von den Corona-Fällen. Sie haben offensichtlich falsch reagiert und hätten den Gästen schon die Einreise verweigern müssen", erklärte Carsten. Inzwischen ist erkennbar, wie sich das Coronavirus in ganz Europa verteilt haben könnte. Allein im Kreis Holzminden stehen seines Wissens etwa 20 Fälle direkt im Zusammenhang mit dem Skigebiet in Ischgl.
Die Heimreise
Am 13. März machten sich die drei Freunde gezwungenermaßen auf die Rückreise. "Wir hatten mit dem Gesundheitsamt und den medizinischen Notrufnummern gesprochen, dass wir bei unserer Ankunft sofort auf das Coronavirus getestet werden müssen. Jedoch war dies zu dem Zeitpunkt nur möglich, wenn man auch die dazugehörigen Symptome gezeigt hat - diese hatten wir nicht", berichtete der Holzmindener weiter. Auf der Rückreise haben sie sich auch vorbildlich verhalten. Um niemanden gesundheitlich zu gefährden, wurden bei dem einzigen Tankstellenstop Dieselhandschuhe getragen, mit der EC-Karte gezahlt und Abstand zu den Menschen gehalten.
Zwischenfall auf der Autobahn - Zurück im Landkreis
Doch dann bekam auf der Autobahn in der Nähe von Kassel einer der Rückreisenden Kreislaufschwierigkeiten, sodass dieser mit dem Rettungswagen abgeholt werden musste und ins Klinikum nach Kassel gebracht wurde. Die anderen beiden Skiurlauber begaben sich bei ihrer Ankunft direkt in die häusliche Quarantäne. Da die Person mit den Kreislaufschwierigkeiten positiv auf das Coronavirus getestet wurde, mussten die beiden Kontaktpersonen auch auf das Virus getestet. "Die Amtsärztin ist rumgefahren. Sie hat uns den Test vor die Tür gelegt und wieder abgeholt. Den Abstrich haben wir im Rachenbereich und in der Nase selbst gemacht", skizzierte der 46-Jährige die Vorgehensweise. Innerhalb von 24 Stunden stand dann schließlich fest, dass sich alle drei Personen mit dem Coronavirus infiziert hatten. Weitere Kontaktpersonen hatten sie nicht.
Corona verlief ohne Symptome
Dadurch, dass er und seine Lebenspartnerin über zwei benachbarte Wohnungen verfügen, konnte die 14-tägige Quarantäne ohne Probleme durchgeführt werden. Das Essen wurde vor die Tür gestellt und von ihm in die Wohnung genommen. "Das Gesundheitsamt hat sich einmal täglich über meinen Gesundheitszustand erkundigt. Da ich allerdings über den ganzen Zeitraum hinaus keine Symptome gezeigt habe, hatte ich auch nie Angst. Es war eher die Einsamkeit und Langeweile, die mich gestört hat. Nach den 14 Tagen galt ich dann als geheilt", so der Holzmindener abschließend.
Inzwischen sind zahlreiche Anzeigen gegen die Behörden in Tirol gestellt worden und die Staatsanwaltschaft ermittelt. Außerdem ruft der Verbraucherschutzverein.at alle Reisenden nach Ischgl sich zu melden.