Kreis Holzminden (red). Jetzt wird die Entscheidung der Bundesgesellschaft für Zwischenlagerung (BGZ) und der Bundesregierung für ein Atommüllzentrum in der Weserniederung bei Würgassen auch zum Thema im Landtag in Hannover. Die Grüne Fraktion hat einstimmig einen Antrag gegen die Standortauswahl durch das Bundesumweltministerium eingebracht, wie der stellvertretende Fraktionsvorsitzende Christian Meyer aus Holzminden mitteilte. In dem Antrag kritisieren die Grünen die geringe Nähe zur Wohnbebauung, die Lage im Überschwemmungsgebiet und die nur eingleisige und mangelnde Bahnanbindung.
„Bei einem Unfall sowohl im Lager als auch bei den täglich Dutzenden LKW-Transporten und Bahntransporten für die Just-In-Time-Belieferung für Konrad, wäre die Bevölkerung sowohl in Lauenförde, in Beverungen und Bad-Karlshafen von radioaktiver Strahlung betroffen“, befürchtet Christian Meyer. Die Grünen erinnern daran, dass der gesamte schwach- und mittelradioaktive Atommüll der Bundesrepublik zunächst per LKW und Zug nach Würgassen gebracht werden und gelagert werden soll. „Dieses Atomklo macht das Dreiländereck für Jahrzehnte zum atomaren Hotspot der Republik, obwohl den Bürgerinnen und Bürgern vor 25 Jahren bei der Abschaltung des AKW Würgassen eine grüne Wiese versprochen wurde“, so Meyer.
Die Grünen beklagen die mangelnde Nachvollziehbarkeit bei der Standortauswahl für das atomare Logistikzentrum und fordern einen Neustart des Verfahrens und Bürgerdialog von Anfang an. Würde nur ein Kriterium wie der willkürliche Radius von 200 km um Schacht Konrad, der Abstand zur Wohnbebauung oder die Einbeziehung nicht bundeseigener Flächen geändert werden, würde Würgassen sofort rausfallen.
„Der Standort Würgassen erfüllt jedoch in zwei entscheidenden Punkten noch nicht einmal die Kriterien der Entsorgungskommission für ein Bereitstellungslager: Die geplante Fläche liegt im Hochwasserrisikogebiet und die Bahnstrecke für die täglich zehn Atommülltransporte ist lediglich eingleisig. Die Standort-Benennung für ein nukleares Bereitstellungslager in Würgassen an der niedersächsischen Landesgrenze zu Nordrhein-Westfalen genauso wie das Ranking der weiteren in die Abwägung einbezogenen Flächen erfolgte ohne jegliche Beteiligung der Öffentlichkeit, der betroffenen Kommunen und ohne Diskussion innerhalb der Fachöffentlichkeit“, heißt es in dem im Sommer in den Landtag eingebrachten Antrag der Fraktion.
Die atompolitische Sprecherin Miriam Staudte kritisierte das nicht transparente Auswahlverfahren des Bundes: „Man hat den Eindruck, man wollte unbedingt das Gelände in Würgassen nutzen und biegt die Kriterien im Nachhinein darauf hin. Sie haben aber den örtlichen und bundesweiten Widerstand der Anti-Atom-Bewegung unterschätzt, der es geschafft hat, alle Gemeinden vor Ort gegen den Standort und das Verfahren in Stellung zu bringen. Man hätte erst Kriterien wissenschaftlich und gesellschaftlich diskutieren und festlegen müssen, um danach den Standortauswahlprozess nachvollziehbar durchführen zu können. Es ist doch klar, dass keine Region von einem Atommülllager begeistert ist, aber jede Region hat das Recht, fachlich und nicht politisch ausgewählt worden zu sein. Gerade auch in Hinblick auf die Standortsuche für ein Endlager für hochradioaktiven Atommüll muss Vertrauen aufgebaut werden. Dieses Vorgehen der BGZ zum schwach- und mittelradioaktiven Atommüll hat der Endlagersuche einen Bärendienst erwiesen.“
Die Grünen hoffen im Landtag auf eine breite Zustimmung auch von SPD, CDU und FDP und loben im Antrag die parteiübergreifende einstimmige Protestresolution des Kreistages Holzminden, der schließlich vier Landtagsabgeordnete bereits zugestimmt haben. Auch die CDU Niedersachsen und die örtliche SPD-Abgeordnete hatten sich gegen das Atomare Bereitstellungslager Würgassen ausgesprochen.
Die Landesregierung mit Umweltminister Olaf Lies (SPD) hält sich jedoch in der Antwort auf eine grüne Anfrage für nicht zuständig und begrüßt lediglich, dass die Anlage nicht in Niedersachsen gebaut wird bzw. nicht direkt an der Schachtanlage in Salzgitter errichtet wird: „Die Landesregierung spricht sich deutlich gegen einen Standort zur Errichtung eines Eingangslagers an der Schachtanlage bzw. in der Region Salzgitter aus. (…) Wegen der bereits jetzt bestehenden Belastungen des Landes Niedersachsen bei der Endlagerung radioaktiver Abfälle wird sich die Landesregierung nachhaltig dafür einsetzen, dass ein Standort für ein zusätzliches Zwischenlager weder im geplanten interkommunalen Industriegebiet zwischen Braunschweig und Salzgitter noch an anderen Standorten in Niedersachsen in Betracht gezogen wird“.
Christian Meyer zeigte sich enttäuscht und hoffte, dass sich Minister Olaf Lies mal vor Ort ein Bild macht, „wie nah Würgassen an der Landesgrenze liegt und wir natürlich allein schon durch die Transporte zum Schacht Konrad nach Salzgitter massiv betroffen sind.“
Nach den Sommerferien wird der grüne Antrag zunächst im Umweltausschuss des Landtages in Hannover zusammen mit einer Stellungnahme der Landesregierung beraten werden.
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