Kreis Holzminden (red). Egal, ob der Zuschlag an das große Bauunternehmen von nebenan oder an den unbekannten Entsorgungsdienstleister aus der 300 Kilometer entfernten Metropole geht: Wenn die öffentliche Hand Aufträge vergibt, macht sich schnell einmal Unmut breit über die vermeintlich unkluge, zu teure oder gar unmoralische Entscheidung. Dabei sind nirgendwo sonst die Kriterien für eine Vergabe so streng, wie bei Bund, Ländern und Kommunen. Um die immer aufwändigeren Verfahren erfolgreich zu steuern, wird derzeit im Landkreis Holzminden eine zentrale Vergabestelle eingerichtet. 

Wenn im privaten Haushalt die Heizung endgültig ihren Geist aufgegeben hat oder das Dach neu gedeckt werden muss, fragt der Eigentümer in der Regel den Handwerker seines Vertrauens und holt sich parallel dazu auch noch ein paar Angebote von dessen Konkurrenz. Nicht selten erfolgt die Entscheidung dann zugunsten des besten Preises. Wobei man dem langjährig Erprobten, falls er zu teuer ist, vielleicht sogar noch einmal darauf aufmerksam macht, dass er mit dem Preis runtergehen müsse.

Für Bund, Länder und Gemeinden dagegen gestaltet sich das naturgemäß ganz anders. Es geht schließlich um Steuergelder und die sollen sinnvoll und möglichst sparsam eingesetzt werden. Das Vergaberecht öffentlicher Aufträge ist kompliziert, es müssen jede Menge Regeln beachtet werden. Und das aus gutem Grund: Denn weder darf ein an einer Ausschreibung teilnehmendes Unternehmen benachteiligt werden, noch soll die Qualität der erbrachten Leistung hinterher minderwertig sein, weil nicht alle Details ausreichend vorher festgelegt waren.

Wie andere Landkreise auch hat der Landkreis Holzminden auf die immer strengeren Vergabekriterien reagiert und eine Zentrale Vergabestelle eingerichtet. Ziel dieses neuen Systems soll sein, mit zeitgemäßer EDV und entsprechendem juristischen Know How für bestmögliche Neutralität und Transparenz zu sorgen. „Es geht darum, auf breiter Ebene ein von allen Anbietern vergleichbares Preis-Leistungsverhältnis zu bekommen, nach dem dann mit größtmöglicher fachlicher Kompetenz abgewogen, bewertet und entschieden werden kann“, stellt Landrätin Angela Schürzeberg klar.

Speziell beim vom Landkreis eingekauften Dienstleistungen bedeutet das, dass nicht etwa einfach nur der niedrigste Preis den Zuschlag erhält, sondern beispielsweise auch der gesamte Leistungsumfang, die erwarteten Qualitätsstandards und der damit zusammenhängende Personaleinsatz für die Entscheidung eine Rolle spielen. Ein entsprechend gewichteter Punktekatalog setzt alle Angebote in ein nachvollziehbares Verhältnis, so dass weder Bauchentscheidungen noch reine Kostenerwägungen letztlich unverhältnismäßig überwiegen sollen.

Erprobt hat die Zentrale Vergabestelle dieses Verfahren bereits bei der Vergabe für die künftige Betreuungsleistung im Zentrum für Migration in Eschershausen. Im Herbst 2015, als die Flüchtlingswelle nach Deutschland rollte, musste das eigentlich zwingend vorgeschriebene deutsche und europäische Vergaberecht zurückstehen. In Windeseile wurde das Zentrum für Migration in Eschershausen aus dem Boden gestampft und nicht zuletzt durch den unermüdlichen Einsatz ehrenamtlicher Helfer und die Unterstützung sozialpädagogisch geschulter vor Ort befindlicher Institutionen organisiert. Das klappte zwar vorbildlich, durfte allerdings aufgrund einer Sonderreglung des niedersächsischen Innenministeriums nur übergangsweise so laufen. Nachdem die Lage sich schon im Verlauf des Jahres zusehends entspannt hatte, musste anstelle der „freihändigen“ Entscheidungen das übliche Verfahren in Gang gesetzt werden. Die Zentrale Vergabestelle erarbeitete daraufhin einen Bewertungskatalog. Anhand aller eingegangenen Angebote wurde für den gemeinnützigen „Zukunftsorientierte Förderung“ das beste Ergebnis ermittelt. Zum Jahresanfang hat der bisherige Betreuungsdienstleister, die Johanniter-Unfall-Hilfe Südniedersachsen, den Staffelstab an den Duisburger Verein in Eschershausen übergeben  „Die bisherigen Betreuer haben eine gute Arbeit geleistet, ihnen gebührt großer Dank“, sagt Angela Schürzeberg.

Aktuell werden rund um das Zentrum für Migration noch weitere Dienstleistungen neu ausgeschrieben betont die Landrätin. Auch hier ist nicht klar, ob ein Auftrag an ein heimisches Unternehmen vergeben werden kann.